Ausflugstipp: Die russische Seele in Berlin und Potsdam

In Berlin und Potsdam finden sich vielfältige Spuren nicht nur von russischen Zuwanderern der letzten Jahrzehnte.

So existiert bereits seit 1938 die Russisch-Orthodoxe Christi-Auferstehungs-Kathedrale in Berlin-Wilmersdorf, die in der Zeit von 1936 bis 1938 gebaut wurde. In Berlin und Potsdam finden sich vielfältige Spuren nicht nur von russischen Zuwanderern der letzten Jahrzehnte. So existiert bereits seit 1938 die Russisch-Orthodoxe Christi-Auferstehungs-Kathedrale in Berlin-Wilmersdorf, die in der Zeit von 1936 bis 1938 gebaut wurde. In den Jahren nach 1917 kamen aus dem russischen Zarenreich immer mehr Emigranten nach Berlin. Für sie wurde in einer Schule die provisorische Sankt Vladimir-Kapelle von dem späteren Bischof Timofej Ljaschtschenko geschaffen, der sich für den Bau der Kirche einsetzte.

Vorbild war das Dreieinigkeits-Sergius-Kloster in Sagorsk. Bei der Christi-Auferstehungs-Kathedrale handelt es sich um eine dreischiffige Basilika im russisch-byzantinischen Stil mit Zwiebelhaube und vier kleinen Zwiebeltürmchen. Die prächtige Ikonostase stammt aus einer alten Kirche in Warschau. Den Zweiten Weltkrieg überstand die Kirche weitgehend unbeschädigt. 2011 wurde das Kirchengrundstück von der Russisch-Orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats gekauft. Eine weitere Russisch-Orthodoxe Kirche befindet sich in Berlin-Charlottenburg. In dem Gebäude war früher ein Kindergarten untergebracht. Im Jahre 2008 wurden die Schlüssel für die Maria-Schutz-Kirche S.E. Erzbischof Mark von Berlin und Deutschland und an den Gemeindepriester André Sikojev übergeben.

Die Kirche erhielt im Jahr 2009 zwei vergoldete Zwiebelturmspitzen, die vom Erzbischof geweiht wurden. Eine weitere Russisch-Orthodoxe Kirche befindet sich im Berliner Bezirk Tegel auf einem Friedhof. Ende des 19. Jahrhunderts weideten hier noch Schafherden. 1892 kaufte die russisch-orthodoxe Bruderschaft der heiligen Fürsten Wladimir Bratstwo das zwei Hektar große Grundstück für 30.000 Mark. Es ist auch heute noch im Besitz der Bruderschaft. Zeitgleich mit dem Bau der Heilige-Konstantin-und-Helena-Kirche wurde der Friedhof angelegt. Auf Befehl von Zar Alexander III. von Russland wurden 4.000 Tonnen Erde aus Russland mit der Eisenbahn herangeschafft, damit die Verstorbenen inmitten märkischer Heide in heimatlicher Erde beigesetzt werden konnten.

Nach der Oktoberrevolution 1917 wurde der Friedhof die letzte Ruhestätte für zahlreiche Emigranten. Hier liegen Mitglieder des russischen Hochadels, Künstler und Akademiker. General Wladimir Suchomlinow war russischer Kriegsminister und unterschrieb 1914 die Kriegserklärung an Deutschland. Er war der Vater des Schriftstellers Wladimir Nabokov, der durch seinen Roman „Lolita“ bekannt wurde. Auch der kaiserlich-russische Staatsrat Michail Eisenstein, der Vater des später berühmten Regisseurs Sergej Eisenstein, ist hier begraben; ebenfalls Ivan Koch, der letzte Adjudant des ermordeten Zaren Nikolaus II.. An den in Berlin verstorbenen Komponisten Michail Glinka erinnert ein grosses Denkmal. Glinka ist allerdings in St. Petersburg begraben.

Zwei Gedenkstätten erinnern an die in den beiden Weltkriegen als Kriegsgefangene in Deutschland verstorbene Soldaten, die hier beerdigt wurden. Die Heilige-Konstantin-und-Helena-Kirche mit den zwiebelturmartigen Kuppeln wird auch als Friedhofskapelle genutzt. Sie wurde 1894 geweiht. Einer der meist besuchten Plätze in Berlin ist der nach dem russischen Zaren Alexander benannte Alexanderplatz.

Vorher „Ochsenplatz“ genannt, weil hier die Viehhändler ihre Geschäfte tätigten und nur ein kleiner Teil des Platzes als Paradeplatz diente Hier fand am 25. Oktober 1805 der Empfang für Zar Alexander statt. Danach verfügte der König die Umbenennung in Alexanderplatz. Das Blockhaus Nikolskoe (dem Nikolaus gehörend) ist eigentlich ein kleines Schloss, das für die Zarenfamilie gebaut wurde. Prinzessin Charlotte, die älteste Tochter von König Friedrich Wilhelm III. von Preussen und seiner Gemahlin Luise heiratete am 13. Juli 1817 den späteren Zaren Nikolaus. Das Paar besuchte 1819 Berlin und sollte sich wie zu Hause fühlen. Deshalb liess der preussische König das Blockhaus Nikolskoe nach in St. Petersburg entworfenen Plänen errichten.

Balkon und Dach sind mit reicher Schnitzerei geschmückt. Es bietet einen schönen Blick auf die Havel, das Ende des 18. Jahrhunderts errichtete Lustschloss auf der Pfaueninsel und die vom Hofarchitekten Ludwig Persius 1844 errichtete Heilandskirche von Sacrow. Jetzt ist es ein beliebtes Ausflugslokal für die Berliner. Von 1834 bis 1837 wurde die evangelische Kirche von St. Peter-und-Paul nach Plänen des Schinkel-Schülers Friedrich August Stüler in der Nähe des Blockhauses Nikolskoe erbaut.

Die zwiebelförmige Turmkuppel erinnert an russisch-orthodoxe Kirchen. Ein Glockenspiel lässt jeweils um 12 Uhr den Choral „Lobe den Herrn, den mächtigen König der Ehren“ ertönen. Die Kirche wurde in die Liste des Weltkulturerbes der UNESCO eingetragen.

Russische Kolonie in Potsdam, die „Alexandrowka“,

Zum Weltkulturerbe wurde auch die Russische Kolonie in Potsdam, die „Alexandrowka“, erklärt. Der preussische König Friedrich Wilhelm III. liess die aus 13 Holzhäusern bestehende Kolonie in den Jahren 1826 bis 1827 für die russischen Sänger des 1. Garde-Regiments errichten. 62 russische Soldaten kamen 1812 durch Gefangennahme nach Potsdam und bildeten den „Russischen Sänger-Chor“. Für sie wurde auf Anordnung des Königs die Alexander-Newski-Kapelle in altrussischem Stil auf dem Pfingstberg in Potsdam gebaut. Es ist die älteste russisch-orthodoxe Kirche in Westeuropa. Auch Angehörige der sowjetischen Besatzungstruppen in Deutschland besuchten die Kirche. Allerdings nur sehr wenige.

Foto:/Text: © Günter Meißner