Berlin-Entdeckungsreise ( 19) Viktoria-Luise- Platz

 Der Viktoria-Luise- Platz in Berlin

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Neben dem in aller Welt bekannten Pariser Platz vor dem Brandenburger Tor in Berlin und dem nicht weniger bekannten Gendarmenmarkt, gibt es noch weitere interessante Plätze. Einer davon ist der Viktoria-Luise-Platz im Bezirk Schöneberg. Seinen Namen erhielt er nach der einzigen Tochter von Kaiser Wilhelm IL, Viktoria Luise von Preussen, die 1913 den Herzog zu Braunschweig-Lüneburg heiratete und 1980 im Alter von 88 Jahren starb.

Das Dorf Schöneberg vor den Toren Berlins entwickelte sich nach der 1871 erfolgten Reichsgründung rasant. Hatte der Ort damals 4.500 Einwohner, so waren es im Jahr 1900 bereits rund 100.000.1898 erhielt das Dorf Schöneberg das Stadtrecht. Im gleichen Jahr schrieb die Erschliessungsgesellschaft einen Wettbewerb für die Gestaltung eines Platzes aus, an dem sich sechs Strassenzüge treffen sollten. Die Welser- und die Winterfeldtstrasse sowie die Münchener und die Regensburger Strasse mündeten an diesem Platz; dazu die Motzstrasse, die durch den Platz geteilt wird.

Es sollte nicht nur ein repräsentativer Schmuckplatz werden, sondern eine Verbesserung der Wohnqualität durch viel Grün bringen. Der Kaiser entschied sich für den Entwurf von Fritz Encke aus Potsdam, der in der Mitte des Platzes einen Springbrunnen vorsah. Mit einem grossen Fest wurde der fertig gestellte Viktoria-Luise-Platz dann am 9. Juni 1900 eingeweiht. Zum Eröffnungstermin war die Randbebauung des Platzes weitgehend fertig, wobei sich eine sehr unterschiedliche Fassadengestaltung zeigte. 1920 beschloss der Preussische Landtag die Eingemeindung von 6 Städten, 59 Dörfern und 27 Gutsbezirken zu „Gross-Berlin“.

Darunter war auch die selbständige Stadt Schöneberg. Hier wohnte damals das Grossbürgertum. In den viergeschossigen Wohnhäusern rund um den Viktoria-Luise-Platz kam dies durch die Architektur und Fassadengestaltung zum Ausdruck. Durch die sechs einmündenden Strassenzüge musste der Platz als lang gestrecktes Sechseck gestaltet werden. Diese Struktur ist bis heute beibehalten worden, wobei der Brunnen eine grosse Fontäne bekommen hat, die von allen zum Platz fuhrenden Strassen weithin sichtbar ist. Der Viktoria-Luise Platz wurde vor einigen Jahren zum Gartendenkmal erklärt.

Die Häuser am Viktoria-Luise-Platz und in seiner Nähe gehören heute wieder zu einem der bevorzugten Wohngebiete Berlins. Der Kurfürstendamm ist nur rund einen Kilometer entfernt und der Zugang zu dem denkmalgeschützten U-Bahnhof Viktoria-Luise-Platz befindet sich in unmittelbarer Nähe. 1943 wurden durch Luftangriffe ganze Stadtteile Berlins zerstört, so auch die Mehrzahl der Häuser am Viktoria-Luise Platz. Sie wurden durch Neubauten ersetzt, so dass die Struktur des Platzes erhalten geblieben ist.

Im Hause Viktoria-Luise-Platz 11wohnte vor dem Zweiten Weltkrieg der Filmregisseur Billy Wilder zur Untermiete, der Komponist Feruccio Busonilebte bis zu seinem Tode (1924) im Haus Nr. 1 und in Nr. 12a hatte lange Jahre der Siedler-Verlag seinen Sitz, der nach wie vor grossen Einfluss auf das geistige Leben Berlins hat. Haus Nr. 6 mit der klassisch gegliederten Fassade und dem repräsentativen Hauptportal blieb erhalten und wird immer noch von dem 1866 gegründeten Lette-Verein, urspünglich „Verein zur Förderung der Erwerbstätigkeit des weiblichen Geschlechts“ genutzt.

Jetzt ist es ein Ausbildungszentrum für junge Männer und Frauen in künstlerischen Berufen, einigen technischen Fächern sowie Hauswirtschaft. Im Haus Nr. 9 unterrichtete Professorin Ilse Middendorf bis ins hohe Alter in dem von ihr gegründeten „Institut für erfahrbaren Atem“verschiedene Atemtechniken. Sie verstarb 2009 im Alter von 99 Jahren. Bekannte Künstler und Persönlichkeiten wohnten am Viktoria-Luise-Platz oder in dessen Nähe. Im Cafe Regensburger trafen sich in den 20er Jahren der Maler Max Slevogt, dessen Atelier sich in der Nähe befand; Max Liebermann, Franz Werfel, Ernest Hemingway, Gustav Gründgens und Marlene Dietrich.

In der Regensburger Straße 33 wohnte die bekannte Chansonette Claire Waldorff bekannt durch ihre Chansons „Ausgerechnet Bananen“ oder „Nach meene Beene is janz Berlin verrückt“, die mit Marlene Dietrich eng befreundet war. Um die Ecke, in der Hohenstaufenstrasse 36 wohnte der „rasende Reporter“ Egon Erwin Kisch, Erich Kästner einige Strassen weiter. Der Begründer der Anthroposophie Rudolf Steiner lebte mit seiner Frau in der Motzstrasse 30.

In der Ansbacher Strasse 46 traf man im „Schlichter“ Bert Brecht und Helene Weigel. In der Nähe vom Viktoria-Luise-Platz wohnte 1925 auch einige Zeit Wladimir Nabokov, der vor der russischen Revolution aus St. Petersburg geflohen war. Sein bekanntestes Buch war der Roman „Lolita“. Auch heutzutage leben viele Prominente am und in der Nähe vom Luise-Viktoria-Platz.

Text / Fotos: Günter Meißner

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