Der innere Arzt

Selbstheilung ist ein biologisches  Prinzip

Mit jedem Atemzug ist unser Körper damit beschäftigt, alle in ihm ablaufenden Prozesse  in einem dynamischen Gleichgewicht zu halten. Zellen sterben ab und neue werden gebildet. Das Immunsystem befindet sich in einem ständigen Abwehrkampf. „Gesundheit ist nichts Statisches. Selbstheilung endet nie, auch nicht, wenn man schwer krank ist“, sagt Professor Tobias Esch, Neurowissenschaftler an der Uni Witten / Herdecke. Bezüglich der aktuellen Lage schätzt Dr. Schwark, stellvertrender Vorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung und praktizierender Arzt die Situation so ein: „Die Stärke  der Impfreaktion  hat mit dem Zustand des Immunsystems zu tun. Wer fit ist  und viel draußen, der steckt die Impfung in der Regel besser weg“.

Der Arzt dient seit jeher nur als Unterstützer. Jede Medizin ist letztlich  nur Hilfe zur Selbstheilung. Menschliches Leben zu retten, geht nie ohne die Selbstheilungskraft des Körpers, der Wunden schließt, Erreger ausmerzt  und Knochen wieder zusammenwachsen lässt. Wie gut Selbstheilung funktioniert, hängt letztlich von uns ab. Um den inneren Arzt zu wecken, kommt es zunächst auf eines an: das Vertrauen in ihn zu stärken. Nochmals Esch: „Selbstheilung ist keine Alternativmedizin. Sie ist vielmehr Teil einer guten Medizin.“ Der Arzt kann immer nur ein wichtiger Coach sein. Den Weg gehen muss jeder selbst.

Man kann die Selbstheilungskraft des Körpers fördern oder auch sabotieren: durch gesunde Lebensweise, richtige Ernährung, Bewegungsintensität, angemessenes Sozialverhalten – oder durch Missachtung der Körpersignale. Symptome haben immer einen Sinn als Alarmierung. Der größte Gegenspieler der Selbstheilung ist der Stress, vor allem der selbstgemachte. Erneut Esch: „Die Stressreaktion ist überlebenswichtig.“ Überflüssige Redensarten wie „Mir kann sowieso keiner helfen“ beschleunigen die Untergrabung der Selbstheilungskraft. Wer sich mit dem Aufrufen positiver „innerer Bilder“ schwertut, könnte sie auch malen. Es fördert die Vorstellungskraft. Medizinische Untersuchungen unterstellen auch dem Placebo-Effekt eine Wirkungskraft. Lange galt er eher als Störfaktor. In der integrativen Medizin hat er inzwischen einen hohen Stellenwert. Ein letztes Stichwort „Achtsamkeit“ – auch wenn der Begriff durch inflationären Gebrauch abgegriffen ist. Alles was unter der Verbindung zwischen Körper und Geist oder Körper und Psyche zusammengefasst wird, ist letztlich tauglich, um die Selbstheilung auf diese oder jene Art zu mobilisieren.

Dr. Dieter Langer