Maßnahmen für Unternehmen
Der Digitalverband Bitkom hat den von der Bundesregierung auf den Weg gebrachten Schutzschild für die Wirtschaft als herausragend wichtig bezeichnet, zugleich aber Nachbesserungen mit Blick auf Mittelstand und Startups sowie die Digitalwirtschaft gefordert. Über weitere Unterstützung von Unternehmen in der Coronakrise will heute das Bundeskabinett beraten. Zudem müssten jetzt die Weichen für eine noch raschere Digitalisierung gestellt werden, fordert Bitkom in einem neuen Positionspapier „Schnelle Hilfe in der Coronakrise: Schaden begrenzen, digitale Lösungen nutzen“.
„Wir müssen bei allen
politischen Maßnahmen über die Schadensbegrenzung hinaus zudem jetzt die
Weichen auf eine wirklich digitale Wirtschaft, Verwaltung und Gesellschaft
stellen“, sagte Bitkom-Präsident Achim Berg. „Digitale Technologien erweisen
sich gerade als unverzichtbar, um unsere Gesellschaft am Leben zu erhalten. Zugleich
spüren wir gerade schmerzhaft, in welchen Lebensbereichen – etwa in der Bildung
oder der Medizin – wir in der Vergangenheit zu nachlässig bei der Einführung
digitaler Lösungen waren.“
Konkret fordert Bitkom unter anderem, die Kriterien beim angekündigten
Schutzschild so ausgestaltet, dass auch Startups und Mittelständler Zugang zu
Liquiditätshilfen erhalten. Die bislang verkündeten Maßnahmen seien für
innovative, junge Wachstumsunternehmen kaum nutzbar. So würden im Fall des
ERP-Gründerkredits für junge Unternehmen lediglich 80 Prozent des
Haftungsrisikos abgedeckt, der Rest müsse vom Startup anderweitig abgesichert
werden. Um aussichtsreiche und innovative Geschäftsmodelle nicht unverschuldet
ins Aus geraten zu lassen, sollten Finanzierungsrunden mit staatlichen Mitteln
vervollständigt werden, wenn mindestens 25 Prozent des Volumens durch
Drittinvestoren aufgebracht werden, schlägt Bitkom vor. Das Papier enthält auch
Vorschläge zu Steuerstundungen, dem Umgang mit Kurzarbeit und zu
arbeitszeitrechtlichen Maßnahmen. „Wir brauchen eine rasche Umstellung von
einer täglichen Höchstarbeitszeit auf ein wöchentliches Arbeitszeitkonto. Das
würde für viele Betriebe die Flexibilität erhöhen, etwa wenn viele Mitarbeiter
zeitweise durch Krankheit ausfallen“, sagte Berg.
Bitkom unterstreicht auch die Bedeutung von IT- und Telekommunikationslösungen
für die Aufrechterhaltung von Wirtschaft, Verwaltung und gesellschaftlichem
Leben. Daher sollten ITK-Produkte europaweit als sogenannte „essenzielle Güter“
deklariert werden, damit sie an den nun geschlossenen Grenzen nicht aufgehalten
werden. Aus dem gleichen Grund sollten auch der Online-Handel sowie Post- und
Paketdienste als „essenzielle Dienste“ eingestuft werden.
Neben Vorschlägen, um die aktuellen Auswirkungen der Corona-Krise auf
Wirtschaft und Arbeitsmarkt abzufedern sieht Bitkom aber auch die
Notwendigkeit, die Digitalisierung konsequent voranzutreiben. „Es ist jetzt die
Zeit, zügig Hürden zu beseitigen, die digitalen Anwendungen nach wie vor im
Wege stehen“, so Berg. „Wir müssen digitale Lösungen sofort auch dort zum
Einsatz bringen, wo es mit der Digitalisierung in den letzten Jahren gehakt
hat, etwa in der öffentlichen Verwaltung. Deutschland kann und muss jetzt
zeigen, dass wir mit digitalen Tools in allen Bereichen handlungsfähig
bleiben.“
So müssten nach Ansicht des Bitkom im medizinischen Bereich noch nicht
lizensierte Telemedizinangebote schnell und unbürokratisch in die
Regelabrechnung kommen. Auch Ärzte sollten Onlinesprechstunden abrechnen
können, denn sie reduzieren unmittelbar das Infektionsrisiko und sichern die
medizinische Versorgung.
Um die Digitalisierung voranzutreiben müsste im Bildungsbereich Lehrpersonal
flächendeckend dazu befähigt werden, digitale Methoden zu nutzen und
Onlinetools einzusetzen. Den Schulleitern und Lehrern sollte dabei aktuell
möglichst viel Freiheit eingeräumt werden. Bitkom schlägt daher in der
aktuellen Lage ein Eine-Milliarde-Euro-Sofortprogramm »Digitale Schule 2020«
des Bundes für die Beschaffung etwa von Lizenzen aufzulegen. Ergänzend sollte
auch die Beschaffung von Geräten einfacher werden. Dazu ist ein
unbürokratischer Bereitstellungs- und Vergabeprozess von Digitalpaktmitteln in
den Ländern notwendig. Damit künftig die Schulen weniger Schwierigkeiten haben,
Unterricht auf digitale Kanäle umzustellen, sollte die Vermittlung von
Digitalkompetenz als verpflichtendes Modul in die Lehrerweiterbildung
integriert werden.
Mit Blick auf die Verwaltung empfiehlt Bitkom vorübergehend, aber
flächendeckend Schriftformerfordernisse in Verwaltungsverfahren auszusetzen
oder zu lockern. So können Verwaltungsangestellte, Bürger und
Unternehmensvertreter gleichermaßen vor einer Infektion geschützt werden, ohne
dass Verwaltungsverfahren über Wochen zum Erliegen kommen. Darüber hinaus sollten
Online-Abstimmungsverfahren rechtlich ermöglicht werden, wie sie auf kommunaler
Ebene zum Teil schon genutzt werden. So könnte die Arbeitsfähigkeit von
Parlamenten und Ausschüssen auch ohne physische Zusammenkünfte und damit
verbundene Reisen sichergestellt werden.
Das vollständige Papier „Schnelle Hilfe in der Coronakrise: Schaden begrenzen,
digitale Lösungen nutzen“ ist online abrufbar unter www.bitkom.org/Bitkom/Publikationen/Schnelle-Hilfe-in-der-Coronakrise
Ein Beitrag von Edlegard Richter / Dela Press