Dieselfahrer und Pendler betroffen

Das heutige Urteil des Berliner Verwaltungsgerichts trifft Dieselfahrer in Berlin sowie Pendler aus dem Umland hart. Nach Auffassung des Gerichts hat die Landesregierung bisher keine ausreichenden Maßnahmen umgesetzt, um den Grenzwert für Stickoxide von 40µg/m3 einzuhalten. Unter anderem wurde die Einführung von Tempo-30-Abschnitten auf ausgewählten Hauptverkehrsstraßen als kein geeignetes Mittel anerkannt.

Aus diesem Grund soll nun der Luftreinhalteplan der Stadt um Fahrverbote für Diesel-Fahrzeuge ergänzt werden. Im Klartext hieße das: Spätestens ab Juni 2019 könnten rund 265.000* Autofahrer aus der Hauptstadt und Brandenburger Pendler mit ihren Diesel-Fahrzeugen bis zur Klasse Euro 5 nur noch eingeschränkt in die Innenstadt fahren.

Zur Einbeziehung von Diesel-Pkw der Euronorm 6 äußerte sich das Gericht nicht. Sollte sich der Senat dennoch dazu entscheiden, Fahrverbote auf Fahrzeuge der Euronorm 6a, b und c zu erweitern, wären rund 100.000* Berliner Autofahrer und Umland-Pendler mehr betroffen. Diese Diesel-Pkw sind zum Teil nicht einmal ein Jahr alt und emittieren im ADAC Eco-Test deutlich weniger als ältere Modelle. Fahrverbote, vor allem für die jüngsten Diesel-Modelle, lehnt der ADAC Berlin-Brandenburg deshalb entschieden ab.

Bis Ende März 2019 soll der Senat nun seinen Luftreinhalteplan entsprechend anpassen. Der ADAC Berlin-Brandenburg appelliert an die Landesregierung, bei geplanten Maßnahmen die Verhältnismäßigkeit zu wahren, unter anderem hinsichtlich des Umfangs der gerichtlich angeordneten Fahrverbote und der Ausnahmeregelungen für Betroffene. An elf Abschnitten auf insgesamt acht Straßen in der Innenstadt sieht das Gericht Fahrverbote als einzig geeignete Maßnahme an, um die Grenzwerte einzuhalten, darunter zentrale Hauptverkehrs- und Verbindungsstrecken in Mitte und Alt-Moabit, wie z.B. der Leipziger Straße und der Friedrichstraße. Zudem muss das Land Berlin die Ausweitung der Fahrverbote auf 120 Straßenabschnitten (insg. 15 km) prüfen.

„Die steigenden Zulassungszahlen sprechen eine eindeutige Sprache: Nach wie vor sind Menschen in der Hauptstadt auf ihr Auto angewiesen. Die derzeitigen Angebote reichen noch längst nicht aus, um den Umstieg auf den ÖPNV und andere Verkehrsmittel schmackhaft zu machen“, verdeutlichte Volker Krane, Verkehrsvorstand des ADAC Berlin-Brandenburg.

Welche Alternativen stehen betroffenen Dieselfahrern zur Verfügung? Nach Aussagen der Landesregierungen Berlin und Brandenburg stößt der öffentliche Personennahverkehr bereits jetzt an seine Kapazitätsgrenzen. Darüber hinaus mangelt es für die zahlreichen Berufspendler an P&R-Möglichkeiten, um das Auto am Stadtrand stehen zu lassen.

„Die nun vom Fahrverbot bedrohten Automobile galten bis vor kurzem noch als eine der saubersten Technologien. Es kann nicht angehen, dass Verbraucher für die Versäumnisse von Politik und Industrie zahlen müssen“, kritisierte Karsten Schulze, Vorstand für Technik im ADAC Berlin-Brandenburg. Fahrverbote bedeuten einen massiven Einschnitt für den motorisierten Individualverkehr in der Hauptstadt. Der ADAC Berlin-Brandenburg setzt sich dafür ein, die individuelle Mobilität in und um Berlin zu schützen und die Grenzwerte der Luftreinhaltung in der Stadt einzuhalten.

Um die Gesundheit der Menschen zu schützen, sollten zunächst jegliche Maßnahmen konsequent ausgeschöpft werden, um Fahrverbote zu vermeiden. Diesel-Fahrverbote würden das Problem der Emissionen kurzfristig lediglich verlagern, nicht jedoch lösen. Auf lange Sicht kann neben dem Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs und einer Verflüssigung des städtischen Verkehrs die Hardware-Nachrüstung der betroffenen Dieselmotoren wesentlich dazu beitragen, bis zum Jahr 2020 die Grenzwerte auch ohne Fahrverbote einzuhalten. Dazu ist den Fahrzeughaltern in Berlin und im Umland die Hardware-Nachrüstung ihrer Fahrzeuge kostenlos anzubieten. Die Hersteller müssen zu ihrer Verantwortung für ihre Produkte gegenüber ihren Kunden stehen, genauso wie die Politik für ihre Wähler einstehen muss.

Im Falle von drohenden Fahrverboten heißt das für die Landesregierung, beim Bund zu bewirken, dass auch Berlin und sein Umland neben den ausgewählten 14 Städten vom Diesel-Kompromiss profitieren. Allerdings muss dem Gericht zufolge die Bundesregierung die Hardware-Nachrüstungen zunächst verbindlich regeln und auf deren Wirkung hin prüfen. Solange werden selbst nachgerüstete Dieselfahrzeuge der Euronorm 5 nicht von Fahrverboten ausgenommen.

Der ADAC Berlin-Brandenburg wünscht sich außerdem eine ausgewogene Diskussion um die Verringerung der Stickoxid-Emissionen, in der alle Verursacher gleichermaßen in den Blick genommen werden. Denn neben dem Straßenverkehr tragen u.a. auch die Energiewirtschaft, die Landwirtschaft sowie andere Quellen signifikant zur Stickstoffdioxidbildung bei. Alleine den Dieselfahrer zu bestrafen, ist weder verhältnismäßig, noch wird dadurch das eigentliche Problem gelöst.

 

Ein Beitrag für Medieninfo Berlin von Edelgard Richter / Dela Press