Eine Leibgarde von Lügen-Neufassung :

Winston Churchill wurde eine bildhafte Sprache nachgesagt. Im Zweiten Weltkrieg erklärte er, ein Land im Kriege müsse sich immer „mit einer Leibgarde von Lügen umgeben“, wenn es siegen wolle. Der Begriff „Psychological war“ tauchte erstmalig 1942 in den USA auf. Westliche Strategietheoretiker charakterisieren die psychologische Kriegführung seitdem als sogenannte vierte Front – neben den bereits drei bisher bekannten Fronten zu Lande, zu Wasser und in der Luft. Diese „vierte Dimension“ des Krieges lasse sich allerdings „auf keiner Landkarte zeigen. Wohl überall dort, wo Presse, Funk und Bilder auch das letzte Dorf erreichen“. Nach dem Fernsehen ist auch das Internet in diesen Rang aufgerückt.

In der militärischen Fachliteratur der Bonner Republik, also der alten Bundesrepublik, veröffentlichte ein gewisser E. Rump damals eine Publikation unter dem Titel „Überlegungen zur Kommunikationslage in der Krise und vor allem Krieg“. Die erste Zwischenüberschrift lautete: Die Information als Teil des Krieges“. Und weiter: „Die direkte bewaffnete Auseinandersetzung zwischen den feindlichen Armeen ist nur noch ein Teilgebiet des Krieges zwischen Staaten. Als eines der weiteren Teilgebiete ist die Information/Desinformation dazugekommen“.

2004 bekam ich als Journalist eine Einladung der Friedrich-Ebert-Stiftung. Es ging seinerzeit um die Vorstellung der neuesten Publikation des bekannten Essayisten Prof. Ivan Nagel „Das Falschwörterbuch -Krieg und Lüge am Jahrhundertbeginn“ (Berliner Taschenbuch-Verlag). Der Kriegsbezug im Titel war der Tatsache geschuldet, dass die US-Aggression gegen Irak ihren Höhepunkt erreicht hatte. Fazit des Autors: „Dem Teppichbombardement eines fremden Volkes geht jedes Mal ein Teppichbombardement mit Lügen voraus.

Die anschließende Diskussion gipfelte dann in der Gretchenfrage: „Wieviel Desinformation verträgt eigentlich eine Demokratie ?“. Bekanntlich war die unbestreitbar wichtigste Waffe in diesem Kampf die Sprache, Wissenschaftler aus dem englischen Sprachraum erfanden dafür den Begriff „verbal warfare“ (zu deutsch; Kriegführung mit Worten oder genauer semantische Kriegführung). Verbal warfare bedient sich vieler Methoden:

Überdeckungen, gewollte Umfärbungen von Inhalten, scheinbar absichtslose Wortverdrehungen, Bedeutungsverschiebungen und andere unterschwellige Wirkmittel ( Begriffsapologetik, Wortmonotomie etc.). Georg Christoph Lichtenberg schrieb schon vor 200 Jahren:

 „Die gefährlichste Unwahrheit ist die Wahrheit mäßig entstellt“. Diese mäßige Entstellung der Wahrheit kann auf sehr unterschiedliche Weise erfolgen: Beispielsweise, das fast alle Nachrichten in der Möglichkeitsform abgefasst sind, so das vor allem der Hörer diese Verschleierung gar nicht mitkriegt. Auch die Beschränkung der Sprache auf etwa 200 immer wiederkehrende Wörter („basic german“), was in Deutschland von einer bestimmten Zeitung absichtsvoll verwendet wird, gehört dazu.

 Anfang März 2006 erschien in einem bestimmten Blatt unter der  Überschrift „Warum Nachrichten Waffen sind“ ein Artikel des damaligen US-Kriegsministers Donald Rumsfeld, in dem es hieß: „Wir führen heute den ersten Krieg im Zeitalter von E-Mail, Blogs, Blackberry, Instant Messaging, Digitalkameras, Internet…rund um die Uhr“.

Ein neuer Ort in Berlin präsentiert den Bürgern den Kalten Krieg. Das Gold War Museum auf der Straße Unter den Linden in Berlin-Mitte hat im Dezember 2022 eine neue Ausstellung eröffnet. Die interaktiv angelegte Schau dokumentierte verschiedene Ereignisse zwischen 1947 und 1991, darunter den Wettlauf zwischen den USA und der Sowjetunion im „Kampf um den Mond“ sowie bestimmte Praktiken der jeweiligen Geheimdienste.

Diese neue Ausstellung soll das Deutsche Zeitungsmuseum im Saarland ergänzen, die der Geschichte der Falschinformation im medialen Nachrichtenwesen unter dem Titel „Making News-Breaking News- Faking News“ nachgegangen war und es auch mit anderen Einrichtungen weiterhin tun will. Ich überlasse es den gebildeten deutschen Bürgern, die Brücke zur Jetztzeit zu schlagen.

Dr. Dieter Langer