Es wird weiter geforscht
Von Abstoßungsreaktionen über Lungenkrebs bis Zöliakie: Forschende Pharma-Unternehmen arbeiten derzeit an 434 Arzneimittelprojekten gegen mehr als 145 Krankheiten mit dem Ziel einer Zulassung bis Ende 2023.
„Unsere Unternehmen haben die Zahl ihrer fortgeschrittenen Projekte seit 2017 um fast 30 Prozent gesteigert“, sagte Präsident Han Steutel vom Verband forschender Pharmaunternehmen (vfa). „Das unterstreicht, wieviel sie zur weiteren Besserung der Gesundheitssituation beitragen können. Fast jedes der Projekte kann Patienten und Patientinnen mit einer schweren Erkrankung helfen.“
68 der Entwicklungsprojekte (16 %) betreffen ausdrücklich Medikamente gegen seltene Krankheiten, sogenannte Orphan Drugs. „Damit entsprechen die Unternehmen dem gesellschaftlichen Anliegen, dass es nicht von der Häufigkeit der Erkrankung abhängen soll, ob Patienten medizinische Hilfe bekommen oder nicht“, so Steutel.
Besonders viele Medikamente entwickeln die vfa-Unternehmen gegen Lungenkarzinom (Typ NSCLC), Brust- und Prostatakrebs und 41 weitere Krebsarten. Bei den meisten werden Medikamente eingesetzt, die nur auf wenige Krebsarten zugeschnitten sind. Ein paar Medikamente könnten jedoch gleich gegen zehn oder mehr verschiedene Krebsarten einsetzbar sein – was derzeit überprüft wird. Sie gehören zu den Immunonkologika, die Tumorzellen bekämpfen, indem sie das Immunsystem des Patienten gegen sie aktivieren.
Neun Medikamente sind gegen die atopische Dermatitis (Neurodermitis) in Entwicklung. Anders als bei Psoriasis kam gegen diese Krankheit in den letzten Jahren nur ein einziges neues Medikament heraus. Neue Medikamente entwickeln die Unternehmen auch gegen weitere Entzündungskrankheiten – etwa gegen Asthma oder die Darmerkrankungen Morbus Crohn und Colitis Ulcerosa.
Gleich in zehn Projekten geht es um neue Medikamente gegen HIV-Infektionen. Neue Impfstoffe sollen künftig vor Darminfektionen durch Noroviren oder Clostridium-difficile-Bakterien schützen. Kommende Impfstoffe sollen auch noch mehr unterschiedliche Typen von Pneumokokken abwehren, die Lungenentzündung hervorrufen können.
Kein medizinisches Gebiet hat in den letzten Jahren mehr erfolglose Arzneimittelprojekte gesehen als die Alzheimerforschung. Trotzdem sind 13 der Mitgliedsunternehmen des vfa ungebrochen dabei, wirksame Therapien gegen diese zunehmende Erkrankung zu entwickeln. Acht der neuen Medikamente werden derzeit in klinischen Studien getestet. Was sich mit ihnen erreichen lässt, wird aber erst nach Studienabschluss erkennbar sein.
Zunehmend entwickeln vfa-Unternehmen auch Gentherapeutika, seit 2012 erstmals eine solche neuartige Therapie zugelassen wurde. Bis 2023 könnten 15 Projekte zu neuen oder weiteren Zulassungen führen. Gentherapeutika rüsten bestimmte Zellen des Patienten mit einem Gen aus, das sie in den Stand versetzt, einen fehlenden Stoff zu bilden oder Tumorzellen wirksamer zu attackieren. „Damit eignen sich Gentherapien vor allem gegen bestimmte Krebs- und Erbkrankheiten“, so Steutel. „Außergewöhnlich ist, dass eine einzige Behandlung zu einem lang anhaltenden Therapieerfolg führen kann – und dies bei Krankheiten, die bisher meist eine lebenslange Dauermedikation erforderten. Hier zahlt sich der lange Atem der Wissenschaftler in Forschungseinrichtungen und Industrie aus, die seit den 1980er Jahren daran gearbeitet haben, Gentherapien zu ermöglichen.“
Fast alle Gentherapien sollen der Behandlung seltener Krankheiten wie der juvenilen Makuladegeneration (einer erblichen Augenkrankheit) oder der Hämophilie B dienen.
Dennoch kann man große Fortschritte in unterschiedlichsten Feldern erwarten. Denn gegen die meisten Krankheiten sind gleich mehrere neue Behandlungen in Erprobung, und wenn die eine nicht überzeugt, gelingt das dann einer anderen.
Ein Beitrag von Edelgard Richter / Dela Press