Geschäftslage gut

Der deutsche Mittelstand zeigte sich weiter von seiner besten Seite: Die Geschäftslage der kleinen und mittleren Unternehmer erreicht in diesem Jahr ein neues Allzeithoch. Auch wenn sich die Geschäftserwartungen, im Frühjahr noch auf einem Drei-Jahres-Hoch, wieder etwas eintrüben, legen die mittelständischen Unternehmen nach wie vor große Zuversicht an den Tag. So wollen sie weiter kräftig investieren und zusätzliches Personal einstellen. Das Auslandsengagement entwickelt sich auf hohem Niveau stabil, wobei Europa nach wie vor die wichtigste strategische Zielregion ist. Zunehmend Sorge bereitet allerdings der sich weiter verschärfende Fachkräftemangel. Viele Familienunternehmen drückt der Schuh zudem bei der anstehenden Unternehmensnachfolge. Alles in allem ist der Mittelstand, auch angesichts weiter steigender Eigenkapitalquoten und anhaltend hoher Bilanzqualität, für die Zukunft sehr gut aufgestellt.

 

Das sind die wesentlichen Ergebnisse der Studie „Mittelstand im Mittelpunkt“, der die Resultate der VR Bilanzanalyse des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) und der VR Mittelstandsumfrage der DZ Bank enthält.

 

Die aktuelle Geschäftslage ist im Mittelstand nochmals besser als im Frühjahr. Der Saldo aus positiven und negativen Antworten erklimmt mit nunmehr 81 Punkten zum zweiten Mal in Folge ein neues Allzeithoch. Neun von zehn Mittelständlern schätzen ihre aktuelle Lage mit „sehr gut“ oder „gut“ ein. Allein große Mittelständler mit mehr als 200 Beschäftigten bewerten ihre Geschäftslage gegen den allgemeinen Trend nicht ganz so gut wie im Frühjahr. Merklich besser als noch vor sechs Monaten sehen ihre Lage dagegen kleine Unternehmen mit bis zu 20 Beschäftigten. Im Baugewerbe ist die Zufriedenheit nach wie vor am größten. Etwas schwächer als im Frühjahr fällt die Lagebewertung in der Chemie- und Kunststoffindustrie sowie in der Agrarbranche aus.

 

Die Geschäftserwartungen für die kommenden sechs Monate trüben sich unterdessen etwas ein. Der Saldo aus optimistischen und pessimistischen Erwartungen sinkt zwar merklich auf nunmehr 27,3 Punkte (nach 34,4 Punkten im Frühjahr), liegt damit aber immer noch höher als vor Jahresfrist. Lediglich im Metall-, Automobil- und Maschinenbau steigen die Erwartungen. Den deutlichsten Rückgang gegenüber dem Frühjahr verzeichnet das Baugewerbe.

 

Mit der guten gesamtwirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland nehmen auch die Investitionen weiter Fahrt auf. In diesem Herbst ist die Investitionsneigung so hoch wie nie zuvor: 81,8 Prozent der Mittelständler wollen in den nächsten sechs Monaten in ihr Unternehmen investieren, drei von zehn Unternehmen mit Investitionsabsicht planen sogar mit einem höheren Volumen. Am höchsten ist die Investitionsneigung in der Chemie- und Kunststoff- sowie in der Elektroindustrie mit jeweils 92 Prozent, am niedrigsten im Handel mit 74 Prozent.

 

Auch bei der Personalplanung stehen die Zeichen nach wie vor auf Expansion: Nachdem im vergangenen halben Jahr 38,4 Prozent der Unternehmen ihren Personalbestand erhöht haben, wollen in den kommenden sechs Monaten immerhin 27,8 Prozent Einstellungen vornehmen, vor allem in der Investitionsgüterindustrie sowie bei den Dienstleistern. Allerdings stößt der Personalaufbau zunehmend an Grenzen: Der sich immer mehr verschärfende Fachkräftemangel bereitet mittlerweile acht von zehn Unternehmen ernsthafte Sorgen. Ihr Personal mehrheitlich reduzieren wollen unterdessen kleine Unternehmen mit bis zu 20 Beschäftigten sowie landwirtschaftliche Betriebe.

 

Eine wichtige Rolle spielt im Mittelstand nach wie vor das Auslandsgeschäft: Mit 55,6 Prozent ist mehr als die Hälfte der Unternehmen im Ausland aktiv. Im Metall-, Automobil- und Maschinenbau sind es sogar neun von zehn Unternehmen. Anders sieht es in de Baubranche aus: Im Zuge der guten inländischen Baukonjunktur nutzt derzeit nur ein Fünftel der Bauunternehmen Chancen im Ausland (nach

23 Prozent im Frühjahr).

 

Die strategisch wichtigsten Zielregionen für den deutschen Mittelstand sind nach wie vor die Europäische Union (63,1 Prozent) und der Euro-Raum (60,9 Prozent). Dabei lässt, offenbar unter dem Eindruck des drohenden Brexits, die Bedeutung Großbritanniens merklich nach. Hingegen gilt Nordamerika mittlerweile für mehr als ein Drittel der Mittelständler als strategische Zielregion; im Frühjahr 2011 waren es nicht einmal halb so viele. Immerhin fast ein Viertel der Mittelständler zieht es inzwischen in die USA. Strategisch noch etwas bedeutender ist jedoch weiterhin China. Immer mehr in den Fokus rücken die übrigen asiatischen Märkte, für die sich mittlerweile bereits jeder fünfte Mittelständler interessiert.

 

„Der Mittelstand ist inzwischen auf der ganzen Welt zu Hause. Strategisch am wichtigsten bleibt jedoch Europa: Die verlässlichen rechtlichen Rahmenbedingungen und die Gemeinschaftswährung nehmen dem Geschäft mit europäischen Partnern einen beträchtlichen Teil des Risikos, erläuterte Uwe Berghaus, Firmenkundenvorstand der DZ Bank.

 

Bei gut einem Viertel der befragten Mittelständler steht mittel- bis langfristig eine Unternehmensnachfolge an, besonders viele sind es im Baugewerbe mit vier von zehn Unternehmen. Gerade kleinere Unternehmen sind von der Nachfolgeregelung betroffen, von den Betrieben mit bis zu 50 Beschäftigten immerhin ein Drittel.

 

Die bundesweit eindeutig favorisierte Nachfolgeregelung ist die Übergabe innerhalb der Familie. Streben diese Lösung in Westdeutschland drei Viertel der Befragten mit anstehender Nachfolgeregelung an, so sind es im Osten des Landes nur

55 Prozent. Andere Lösungen folgen mit deutlichem Abstand: Ein Management-Buy-Out kann sich bundesweit immerhin jedes zehnte betroffene Unternehmen vorstellen; im Osten des Landes sogar fast doppelt so viele wie im Bundesdurchschnitt. Gut neun Prozent bundesweit planen den Verkauf an ein anderes Unternehmen und knapp acht Prozent favorisieren die Veräußerung an einen externen Manager oder Existenzgründer (Management-Buy-In).

 

Fast die Hälfte der betroffenen Mittelständler rechnet im Zuge der Nachfolgeregelung mit einer Zusatzbelastung neben dem Tagesgeschäft. Im Vordergrund stehen nicht-ökonomische Faktoren: So fällt mehr als vier von zehn Betroffenen die Trennung vom Unternehmen schwer, für fast genauso viele ist die Weiterbeschäftigung der Mitarbeiter sowie die Standortsicherung von großer Bedeutung. Merklich Sorgen bereitet zudem, neben der Einigung auf den Kaufpreis, die optimale Vorbereitung des Verkaufs.

 

Uwe Berghaus erklärte: „Familienexterne Nachfolgeregelungen rücken stärker in den Fokus mittelständischer Unternehmer, denn nicht immer steht ein Nachfolger innerhalb der Familie bereit. Das heißt aber auch, dass die vielfältigen Optionen frühzeitig geprüft und mit den eigenen Zielen abgeglichen werden sollten.

 

Die Stärkung ihrer Eigenkapitalbasis setzen kleine und mittlere Unternehmen konsequent fort: 27,5 Prozent erreichten 2016 die durchschnittliche Eigenkapitalquote im Mittelstand und damit einen Prozentpunkt mehr als ein Jahr zuvor. Trotz leichter Einbußen weisen die Bilanzen der Unternehmen nach wie vor ein hohes Qualitätsniveau auf, wie der vom BVR gemessene Bilanzqualitätsindex bestätigt. „Der Mittelstand zeigt sich gut gerüstet für die Zukunft. Maßgeblichen Anteil daran haben die kontinuierlich steigenden Eigenkapitalquoten und die unverändert hohe Bilanzqualität“, erläuterte BVR-Vorstandsmitglied Dr. Andreas Martin.

 

Die Daten für die VR Mittelstandsumfrage wurden in der Zeit vom 18. September bis zum 26. Oktober 2017 im Rahmen einer telefonischen Umfrage von der nh2 AG Bonn erhoben. Die Stichprobe von 1.502 Unternehmen ist repräsentativ; befragt wurden Inhaber und Geschäftsführer mittelständischer Unternehmen in Deutschland.

 

Ein Beitrag für Medieninfo Berlin von Edelgard Richter / Dela Press.