Überzogene CO2-Ziele schwächen Industriestandort Europa

Der Umweltministerrat der Europäischen Union hat gestern in Luxemburg über die CO2-Regulierung für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge für die Zeit nach 2021 abgestimmt.

Demzufolge sollen die Pkw-Hersteller den CO2-Ausstoß ihrer Neuwagenflotte in der EU bis 2030 um 35 Prozent senken. Bis 2025 soll ein verbindliches Zwischenziel mit einer Reduktionsvorgabe von 15 Prozent gelten. Der CO2-Ausstoß von Transportern soll bis zum Jahr 2030 um 30 Prozent reduziert werden. Das Vergleichsjahr für alle Reduktionsziele ist das Jahr 2021.

Dazu erklärte Bernhard Mattes, Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA):

„Mit dem gestrigen Votum wurde die Chance vertan, die CO2-Regulierung für die Zeit nach 2021 wirtschaftlich und technisch realistisch zu gestalten. Es ist mehr als bedauerlich, dass die Mehrheit der Mitgliedsstaaten nicht die Kraft gefunden hat, Klimaschutz und Beschäftigungssicherung in ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen. Faktoren wie die Marktsituation und kundenseitige Akzeptanz bei der Elektromobilität, sinkende Verkäufe von CO2-sparenden Dieselmodellen und die Tatsache, dass viele Technologien zur Kraftstoffersparnis bereits ausgereizt sind, werden nicht ausreichend berücksichtigt.

Indem die Umweltminister dem Kompromissvorschlag der österreichischen Ratspräsidentschaft zum Ambitionsniveau gefolgt sind, wurde zwar die vom EU-Parlament geforderte unrealistische Reduktionsvorgabe von 40 Prozent abgelehnt. Trotzdem gehen Rat und Parlament nun mit überzogenen Forderungen in die anstehenden Trilogverhandlungen. Daher ist bereits jetzt klar: Die EU wird zu hohe CO2-Ziele für die Automobilindustrie verabschieden. In keinem Teil der Welt sind vergleichbare Ziele in Sicht. Das heißt, die europäische Automobilindustrie wird im internationalen Wettbewerb stärker belastet als ihre Wettbewerber. Im Ergebnis werden gesetzliche Vorgaben gemacht werden, die kundeseitige Akzeptanz, technische Machbarkeit und wirtschaftliche Möglichkeit nicht in Einklang bringen. Damit werden Arbeitsplätze aufs Spiel gesetzt und der Industriestandort geschwächt. Zudem helfen Vorgaben schlussendlich auch den Klimazielen nicht, wenn sie nicht erfüllbar sind.

Die deutschen Automobilhersteller und Zulieferer haben sich auf den Weg gemacht, diesen Wandel aktiv zu gestalten. Schon heute sind über 30 Modelle mit alternativen Antrieben von deutschen Herstellern auf dem Markt. Bis 2020 werden es rund 100 sein.

Die Regulierung muss stärkere Anreize für die Elektromobilität setzen. Die EU-Mitgliedsstaaten müssen mehr Verantwortung für den Aufbau der Ladeinfrastruktur übernehmen und diese Technologie mit einer aktiven, nachfrageorientierten Politik unterstützen. Derzeit stehen drei Viertel aller Ladesäulen für E-Fahrzeuge in nur vier Ländern, nämlich in Großbritannien, Deutschland, Frankreich und den Niederlanden.

Zudem sollte die Politik eine Strategie verfolgen, die die Effizienz über alle Antriebe und Kraftstoffe hinweg steigert. So liegt auch in Biokraftstoffen und regenerativen Kraftstoffen (sog. E-Fuels) ein erhebliches CO2-Reduktionspotenzial. Daher sollte eine freiwillige Anrechnung der E-Fuels auf den Flottengrenzwert ermöglicht werden. Zudem ist ein maßgeschneidertes Anreizsystem für leichte Nutzfahrzeuge vor dem Hintergrund der unterschiedlichen Einsatzbereiche und kleinerer Stückzahlen besonders wichtig.

Im Gegensatz zum Beschluss des Europäischen Parlamentes hat der Rat positive Signale gesetzt, etwa die stärkere Anrechnung von Plug–in-Hybriden oder die Differenzierung von Pkw und leichten Nutzfahrzeugen. Leider geht auch das 30-Prozent-Ziel für Transporter an der technischen Realität in diesem Segment vorbei. Die Entwicklungs- und Produktzyklen sind mit bis zu 10 Jahren deutlich länger als bei Pkw. Zudem ist ein niedriger Kraftstoffverbrauch bei Nutzfahrzeugen seit jeher ein entscheidendes Kaufargument, insofern ist der Markt aus sich heraus auf CO2-Effizienz getrimmt“.

Ein Beitrag für Medieninfo Berlin von Edelgard Richter / Dela Press.