Unrealistische CO2-Ziele

Das Europäische Parlament hat über die zukünftige CO2-Regulierung von Pkw und leichten Nutzfahrzeugen bis 2030 abgestimmt. Die Abgeordneten sind dabei mehrheitlich dem Vorschlag des Umweltausschusses gefolgt. Pkw-Hersteller sollen den CO2-Ausstoß ihrer Neuwagen von 2021 bis 2030 um 40 Prozent senken. Bis 2025 muss ein Zwischenziel von minus 20 Prozent erreicht werden. Für leichte Nutzfahrzeuge gelten die gleichen Minderungsziele. Das Parlament hat darüber hinaus die faktische Einführung einer Quote für Null-Emissionsfahrzeuge beschlossen.

 

Bernhard Mattes, Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), kritisierte die Entscheidung deutlich: „Das Europäische Parlament setzt damit völlig unrealistische Ziele. Es ignoriert die technische und wirtschaftliche Machbarkeit. Die Ziele werden in diesem Zeitraum nicht umsetzbar sein. Schon der sehr ambitionierte Vorschlag der EU–Kommission würde die Erreichung der EU–Klimaziele sicherstellen. Das Parlament überzieht hingegen und riskiert den Verlust von Wertschöpfung und Beschäftigung in vielen europäischen Ländern. Arbeitsplatzverluste sollen durch Programme aufgefangen werden, die durch  Strafzahlungen der Hersteller finanziert werden sollen. Das EU–Parlament dokumentiert damit, dass es massive Jobverluste wissentlich in Kauf nimmt. Auf wirtschaftlich sinnvolle technologieoffene Anreize, die zusätzlich CO2-mindernd wirken, verzichtet hingegen das EU-Parlament. Die deutsche Automobilindustrie setzt nun darauf, dass sich in den anstehenden Verhandlungen zwischen Rat, Parlament und Kommission Positionen durchsetzen werden, die durch Vernunft und Augenmaß geprägt sind. Auch die EU trägt Verantwortung für industrielle Beschäftigung in Europa.“

 

 

Die EU-Kommission plant – im Gegensatz zum Parlamentsbeschluss –  eine Senkung der CO2-Emissionen der europäischen Neuwagenflotte um 15 Prozent bis 2025 und um 30 Prozent bis 2030. „Bereits für diese Grenzwerte ist aus heutiger Sicht mehr als fraglich, ob sie erreicht werden können. Voraussetzung dafür ist, dass die Elektromobilität inklusive der Ladeinfrastruktur europaweit rasch deutlich zulegt. Eine ordentliche Infrastruktur in wenigen EU-Ländern genügt nicht. Ob Elektroautos auf breiter Basis von den Kunden angenommen werden, hängt von vielen Faktoren ab. Auf viele davon hat die Automobilindustrie nur begrenzten Einfluss: Batteriekosten, Ladeinfrastruktur, Kraftstoffpreise, öffentliche Beschaffung. Die Elektromobilität ist eine Gemeinschaftsaufgabe von Industrie, Politik und Verbrauchern. Wenn Brüssel anspruchsvoll Ziele für die CO2-Reduzierung setzt, muss es gleichzeitig die Grundlagen für den Erfolg alternativer Antriebe legen, daran mangelt es bisher“, betonte Mattes.

 

Mattes weiter: „Das Europäische Parlament stellt zwar scharfe Vorgaben in den Raum, gibt aber keine überzeugende Antwort auf die Frage, wie die Transformation zu einer klimafreundlichen Mobilität EU-weit in diesem kurzen Zeitraum gelingen kann. Solche Forderungen stehen im Widerspruch zu dem politischen Ziel, Wachstum und Beschäftigung in Europa zu stärken.“

 

Harte Kritik übte Mattes auch an den Vorschlägen zu den CO2–Flottengrenzwerten für leichte Nutzfahrzeuge. „Vorgaben, die schon für Pkw nicht realistisch sind, sind bei leichten Nutzfahrzeugen völlig außer Reichweite. Mit bis zu zehn Jahren sind die Entwicklungs- und Produktzyklen bei Nutzfahrzeugen deutlich länger. Zudem ist ein niedriger Kraftstoffverbrauch immer entscheidendes Kaufargument, insofern ist der Markt aus sich heraus auf CO2-Effizienz getrimmt.“

 

Die deutsche Automobilindustrie sei sich ihrer Verantwortung beim Klimaschutz bewusst und investiere massiv in die Forschung und Entwicklung alternativer Antriebe – allein in den kommenden drei Jahren sind das 40 Mrd. Euro. Der Kraftstoffverbrauch und damit der CO2-Ausstoß von Neuwagen sind kontinuierlich gesunken. So verbrauchen heute neu zugelassene Pkw deutscher Konzernmarken rund ein Viertel weniger Kraftstoff als noch im Jahr 2007.

 

Doch die Erfolge der vergangenen Jahre können nicht ohne Weiteres in die Zukunft fortgeschrieben werden. Denn die Technologien, die bisher zur Verbrauchsreduzierung beigetragen haben, werden mit steigendem Optimierungsgrad immer aufwendiger. Um auch nach 2020 ähnlich große Fortschritte bei der CO2-Reduktion wie bisher zu erreichen, reicht die Optimierung des Verbrennungsmotors nicht mehr aus.

 

Ein Beitrag für Medieninfo Berlin von Edelgard Richter / Dela Press.