Veränderungen in der Landwirtschaft

Zum Auftakt der Internationalen Grünen Woche in Berlin hat das AgrarBündnis den Kritischen Agrarbericht vorgestellt. Die Ausgabe 2020 legt einen besonderen Schwerpunkt auf das Thema „Stadt, Land – im Fluss“. Während in den Städten die Wohnungsnot immer drängender wird, leiden entlegene Regionen unter mangelnder Infrastruktur und teuren Mobilitätskosten. „Die Landwirt­schaft alleine wird nicht der Rettungsengel für die Probleme ländlicher Räume sein“, sagte AgrarBündnis-Geschäftsführer Frieder Thomas bei der Präsentation des Berichts. „Aber wenn wir das Ernährungssystem als Ganzes denken – von umweltfreundlicher und tiergerechter Erzeugung über regionale handwerkliche Verarbeitung bis hin zum klimabewussten Konsum –, dann haben wir einen zentralen Schlüssel für die anstehende nachhaltige Trans­formation in der Hand.“ Dazu müsse sich die Politik aber weit mehr bewegen als bisher. Ein ‚weiter so wie bisher‘ sei keine Option. „Wir brauchen klare Regeln – beispielsweise für Ressourcenschutz oder artgerechte Tierhaltung. Aber wir brauchen auch eine gezielte Unterstützung der Landwirtschaft, damit Bäuerin­nen und Bauern den notwendigen Veränderungsprozess bestehen können.“

Bernd Voß von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft und Vor­standssprecher des AgrarBündnisses machte deutlich, dass die landwirtschaft­lichen Betriebe heute unter großem Veränderungsdruck stehen, sowohl in der Tierhaltung als auch in der Flächenbewirtschaftung. „Die Herausforderungen zu meistern kann nur zusammen mit den Bäuerinnen und Bauern gelingen. Sie sind es, die die Flächen und Standorte kennen. Für den Umbau der Tierhaltung braucht es zusätzliche finanzielle Mittel und einen verlässlichen Rahmen. Deshalb sollte die Mehrwertsteuer auf tierische Produkte erhöht werden. Das hat nicht nur eine Lenkungswirkung für den Klimaschutz, sondern bringt auch die erforderlichen Mittel im Haushalt, damit Betriebe nicht auf den Umbaukosten für eine tiergerechtere Haltung alleine sitzen bleiben“, so Voß. In Bezug auf die Gelder und Instrumente der gemeinsamen europäischen Agrarpolitik betonte Voß, dass sie endlich für konkrete Leistungen der Bäuerinnen und Bauern für Klima, Umwelt und regionale Entwicklung zur Verfügung stehen müssten und nicht pauschal auf der Fläche verteilt werden dürften.

Für Olaf Bandt, Vorsitzender des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), ist das Insekten­sterben ohne einen Umbau der Landwirtschaft nicht zu stoppen. „Die Politik muss die Betriebe dabei unterstützen, weniger Pestizide einzusetzen, weniger Dünger auszubringen und mehr Lebensräume für Insekten zu schaf­fen.  Die knapp 60 Milliarden Euro, die jährlich für Europas Landwirt­schaft ausgegeben werden, müssen in der nächsten Förderperiode an eine naturfreundliche, klimaschonende und tiergerechte Landwirtschaft gebunden werden.“ Bandt ging auch auf das Konsumverhalten ein, denn die Reduzierung des Fleischkonsums ist für den Insektenschutz zentral. „Sojafutter für die intensive Tierhaltung stammt meist aus Südamerika. Für den Anbau von Soja werden artenreiche Landschaften in Monokulturen verwandelt. Wir müssen beim Insektenschutz auch unseren Lebensstil hinterfragen: Weniger Fleisch und Milch, dafür artgerecht gehalten und mit fairen Preisen für die Bauernhöfe.

Um die Emissionen aus der Landwirtschaft zu senken, müssen ambitionierte Maßnahmen ergriffen werden. Denn die Landwirtschaft hat viele Möglichkeiten positiv zu wirken: Dazu gehören ein guter Ackerbau, der Kohlendioxid aus der Luft speichert oder eine Weidehaltung, die gleichzeitig sowohl zu Humusaufbau und Klima­schutz als auch zu Biodiversität und artgerechter Tierhaltung beiträgt. Eine CO2-Bepreisung ist auch für die Land- und Ernährungswirtschaft grundsätzlich möglich. Ansetzen kann man sowohl bei der Produktion – beispielsweise über eine Stickstoffsteuer – als auch beim Konsum durch eine Abgabe auf tierische Produkte.

Ein Beitrag von Edelgard Richter / Dela Press.