Vorpommersche Dorfstraße Teil: 1

VDS-Karte mit Wegmarken

 Dies ist eine Empfehlung für an Historie interessierte Reisende, für Touristen mit Blick auf die Zukunft und Leute, die einen ruhigen Natur-Urlaub lieben.

Die Vorpommersche Dorfstraße ist eine Ferienstraße in Mecklenburg-Vorpommern, die vollständig im östlichen Landesteil verläuft. Die Route ist dabei in Form eines geschlossenen Rundkurses angelegt. Sie verläuft im Peenetal mit den beiden Städten Gützkow und Jarmen an ihrem westlichen Ende, der Stadt  Anklam und dem Ort Ziethen etwa in der Mitte der Strecke sowie dem vergessenen Städtchen Lassan mit Hafen am östlichen Ende (9 Dörfer, 3 Städte).                                                                                                                

Begrüßungsmönch

Wir haben diese Entdeckerreise im Ort Stolpe an der Peene gestartet, mitten im Naturpark Flusslandschaft Peenetal. Hier treffen wir Bürgermeister Marcel Falk, zugleich Vereinsvorsitzender der Themenstraße. „Seit 1999 sind wir mit dem Projekt Dorfstraße dabei, die Region Peenetal unter den Aspekten Kulturgeschichte, Landschaft und Natur sowie regionale Landwirtschaft für den Tourismus zu erschliessen“, erläutert Falk. Zahlreiche Gemeinden, Städte und touristische Akteure haben Landschaft und Leben zu beiden Seiten der Peene, dem „Amazonas des Nordens“, attraktiver gemacht. Und die Entwicklung geht weiter (www.doerphus-stolpe.de).  

    

Marcel Falk

Stolpe selbst kann man getrost als heimliche Hauptstadt des Gebietes bezeichnen. Inzwischen eigenes Wappen, eigene Flagge und zunehmende Gästezahlen. Highlights des Ortes sind das Gutshotel Stolpe, die Klosterruine, die Gaststätte Krug (Stammlokal von Fritz Reiter) mit Personen- und Fahrradfähre davor am Fluß sowie das Museum im neuen Naturschutzzentrum.

Krug
Personen- und Fahrradfähre

Gerade fertiggestellt wurde auch ein Bienenhaus mit Fachausstellung. Vor allem für Camper und Wasserwanderer bieten sich viele Möglichkeiten. Nach dem Besuch der Dorfkirche, einem neugotischen Backsteinbau aus dem 19. Jahrhundert, fahren wir weiter nach Postlow, ebenfalls südlich der Peene gelegen. Dieses Dörflein wurde erstmals im Jahre 1305 als slawische Siedlung erwähnt. Das Angerdorf hat noch heute die Struktur und den Umfang des Dorfes aus dem 19. Jahrhundert. Was dort echt noch lohnt, ist ein Abstecher zur Lohnmosterei Konrad im Ausbau. Ein einzigartiger Hofladen mit bestem Selbstgebackenen und Saftsorten der Früchte der Region, ganzjährig.

  

Hofladen

Vorbei am neu entstandenen modernen Hotel Gut Liepen – direkt an der B110 gelegen – ist unser nächstes Ziel das Schloß Neetzen. Vorher machen wir aber einen Abstecher zum versteckten Sportboot- und Angleranlegeplatz an der Peene. Hier atmen Fluss und Land in ihrer einzigartigen Ruhestimmung im Gleichklang. Eine geschützte Natur für Seeadler, Biber, Fischotter und Eisvögel (https://www.gutshof-liepen.de/). Bis zum romantischen Schloss Neetzow, mit angrenzendem englischen 20 ha-Park sind es nur knapp 5 km. Als Herrenhaus vom Berliner Architekten Friedrich Hitzig entworfen, reiht es sich ebenso ein in die Vorpommersche Dorfstraße wie weitere Schlösser und Burgen. Das Anwesen (erbaut 1852) der aus Holstein stammenden Familie von Kruse wird nach einer wechselvollen Historie wieder von der Enkelgeneration bewohnt (https://schlossneetzow.de/).

Schloss Neetzow
Schloßgymnasium

 Nach soviel Natur, Kultur und Geschichte zielt unsere Route in Richtung Jarmen über zwei Brücken auf die Nordseite der Peene. Die 3000 Einwohner-Landstadt gehörte lange zu Schwedisch-Pommern, später zu Preußen. Hier entwickelte sich ein pulsierender Verkehrs- und Handelsknotenpunkt mit Mühlen, Hafenspeichern, Getreidesilos und einer Zuckerfabrik. Mit der Wende 1990 wurde alles „abgewickelt“. Entsprechend trostlos sieht es heute aus… Da ziehen wir besser gleich 6 km weiter nach Gützkow an der Swinow und dem Kosenow See. Sehenswert hier das Schloß Wieck, ehemaliges Herrenhaus der Familie von Lepel; heute Schloßgymnasium. Auf dem Schloßberg alles überragend die Kirche St. Nicolai. Als Besuchertip empfohlen ein Ausflug in die Straussenfarm Owstin mit Hofladen. Neben der Straußenzucht belebt auch eine kleine Wasserbüffelherde die Weiden auf Gut Owstin (https://guetzkow.de/cms/). 

Gutsanlage Schlatkow

Auf der Landstraße 263, gesäumt von reifenden Getreidefelderrn, fahren wir weiter zum Dorf Lüssow, dem vielgepriesenen Ort mit seinem traditionellen Vorpommern-Landgut der Familie Voß-Wolfradt. Heute zu entdecken auf der Liegenschaft eine Ausstellung über die traditionelle Landwirtschaft Vorpommerns im 19. und 20. Jahrhundert. Zu sehen u.a. die größte Sammlung historischer Traktoren in Mecklenburg-Vorpommern. Schließlich erreichen wir Schlatkow mit seiner historischen Gutsanlage mit Fachwerkbauten aus der Schwedenzeit. Zu erleben ist die Dauerausstellung: Waffenstillstand zwischen Schweden und Frankreich 1807. Die „Schwedenzeit“ Pommerns begann im Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) als 1628 Gustav II. Adolf, König von Schweden, dem durch Wallenstein belagerten Stralsund zu Hilfe eilte. Der Westfälischen Frieden regelte die Machtverhältnisse am Ende des Dreißigjährigen Krieges. Der Schwedenkönig wurde zum Herrscher über Rügen und den östlichen Teil Pommerns bestimmt. 1815 fielen die Gebiete an Preußen, aber viele Bewohner fühlen sich noch heute als „Südschweden“. Eine überregionale Bedeutung erlangte Schlatkow durch die 1934 eingerichtete Pommersche Melkerschule in der Gutsanlage. Dort wurden für die Güter im Auftrag des Reichsnährstandes Melkermeister ausgebildet.       

Wasserschloß Quilow

Von diesem historischen Erbe ist es nicht weit bis zum interessanten Wasserschloß Quilow, eine kleine Perle an der Peene (http://www.wasserschloss-quilow.de). Das über 450 Jahre alte Herrenhaus gehört zu den wenigen erhaltenen Renaissanceanlagen in Mecklenburg-Vorpommern. Nach der Wende erging es dem Wasserschloss 30 Jahre lang wie vielen anderen Gutshäusern in der Region: Leerstand, fehlgeschlagene Sanierungsbemühungen, Verfall. Doch das Haus konnte mit Hilfe einer Stiftung gerettet werden und nach umfangreichen Sanierungs- und Restaurierungsarbeiten 2020 seine Türen öffnen. Gegenüber von Quilow liegt an der Peene Stolpe. 

Text: / Foto: gk

Folge 2: https://studi096-berlin.de/vorpommersche-dorfstrasse-teil-2/