Autobahnen privatisieren?

 Angesichts der Abstimmung am 1. Juni 2017 im Deutschen Bundestag über die im Rahmen der Neuregelung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen vorgesehene alleinige Zuständigkeit des Bundes für die Bundesautobahnen hat Brandenburgs Finanzminister Christian Görke vor deren Privatisierung durch die Hintertür gewarnt. „Die Aussage aus Kreisen der Koalition im Bund, dass eine Privatisierung der Autobahnen ausgeschlossen sei, hält einer nähren Betrachtung nicht stand. Zwar können sich private Kapitalanleger wie Versicherungen nicht direkt an der Bundesfernstraßengesellschaft beteiligen, das heißt aber nicht, dass die Privatisierung von einzelnen Autobahnen oder zumindest von Autobahnteilstücken und -kreuzungen nicht doch Realität wird“, betonte Görke.

So ist nach den vorgeschlagenen Gesetzesänderungen die Beteiligung privater Unternehmen etwa in Form der so genannten Öffentlich-Privaten-Partnerschaften (ÖPP) möglich. Brandenburgs Finanzminister sprach daher von „einer Privatisierung durch die Hintertür“. Die vorgesehene Beschränkung von ÖPP beispielsweise auf 100 Kilometer-Abschnitte von Bundesautobahnen oder auf Autobahnkreuze eröffneten durchaus Möglichkeiten zur Umgehung des klar formulierten politischen Willens, eine Privatisierung der Autobahnen auszuschließen.

 

Mit Verweis auf die kritische Stellungnahme auch des Bundesrechnungshofes hob Finanzminister Görke hervor, dass zudem große private Kapitalanleger wie Versicherungen sich bei solchen „Partnerschaften“ nicht mit einer geringen Verzinsung zufrieden geben würden, sondern eine hohe Rendite für ihren Kapitaleinsatz erwarten. „Unterm Strich wird es damit für uns alle viel teurer, weil für den Bund Infrastrukturprojekte viel günstiger sind, wenn er sie über den Haushalt oder über Kredite finanziert, da die öffentliche Hand geringere Zinsen am Kapitalmarkt zu zahlen hat und keine Überschüsse erwirtschaften und an Kapitalanleger auszahlen muss. Am Ende wird es mit den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern wieder viele Verlierer und mit den privaten Kapitalanlegern wenige Gewinner geben“, warnte Brandenburgs Finanzminister.

 

Wenn zudem bei der Bundesfernstraßengesellschaft das Modell der Öffentlich-Privaten-Partnerschaften (ÖPP) zum Standard werde, so befinde sich am Ende trotz aller gegenteiligen Aussagen doch ein Großteil der Bundesautobahnen in privater Hand. „Damit wird es nicht nur teurer für die Allgemeinheit, sondern auch die Kontrollrechte der gewählten Parlamentarier und der Öffentlichkeit werden mit dieser privatrechtlichen Konstruktion deutlich eingeschränkt“, warnte Görke.

 

Sollten sich die Bundestagsabgeordneten für die vorgesehene Grundgesetzänderung entscheiden, werden sich die Vertreter des Volkes ein weiteres Mal den Wünschen der Wirtschaft beugen und das Leben für weite Teile der Bevölkerung verteuern.

 

Ein Beitrag für Medieninfo Berlin von Edelgard Richter / Dela Press.