Bewegung ist alles

Gibt es einen „Geist des Lagerfeuers“

Während der Mensch XYZ an sich sowohl Hitze als auch Kälte gut vertragen kann, friert der eine und der andere, reißt im Zimmer das Fenster auf, weil ihm zu warm ist. Prof. Thomas Korff, Physiologe an der Uni Heidelberg klärt uns auf, warum Frieren noch lange nicht bedeutet, dass der Körper tatsächlich in Gefahr ist. Dass wir Temperaturen unterschiedlich wahrnehmen, sei ganz normal. Vieles ist genetisch bedingt. Korff beantwortet die Frage, ob wir mit Kälte oder mit Hitze besser klar kommen, so: „Oh je, das ist eine schwierige Frage, die man pauschal kaum beantworten kann. Eigentlich ist der Mensch dazu fähig, mit beidem klar zu kommen – in gewissen Grenzen…Das vegetative Nervensystem spielt eine entscheidende Rolle, also der Sympatikus und der Parasympatikus. Ersterer ist „fight and flight“, also Kampf und Flucht. Der andere ist für „rest and digest“ zuständig, also für den Ruhe-und Verdauensvorgang. Zum Beispiel, ob man gut geschlafen hat oder ab man müde ist. In diesem Fall wird die Sympatikusaktivität vom Parasympatikus gedämpft und man fröstelt leichter.“ Ältere Menschen sind meist weniger aktiv – und frieren folglich schneller. Jetzt beschäftigen wir uns mit dem Untertitel der Überschrift – mit dem „Geist des Lagerfeuers“.

Jeder Einzelne ist in Zeiten der Krise aufgerufen, für ein „Klima sozialer Wärme“ zu sorgen, das Geborgenheit und Zuversicht verbreitet. Anders gesagt: Es wird empfohlen, ein Lagerfeuer anzuzünden. Eines, das lodert und Funken sprüht. Man sagt, Lagerfeuer spenden nicht nur physische Wärme. Nein , sie schaffen auch eine Atmosphäre der Harmonie. Als einzuhaltender Grundsatz gilt. An einem Lagerfeuer wird nicht geschossen. Weder mit Worten noch mit anderen Waffen, meint Lothar Tolks. Ich vermute, er ist ein Psychologie-Kollege. Keine Zeit eigne sich besser zum Nachdenken, Durchatmen, Kraftschöpfen und vor allem sich Kennenzulernen. Das sind allgemeine Prinzipien.

Wer garantiert dafür, diese Prinzipien auch einzuhalten. Die Anthropologin Polly Wiessner von der Universität Utah (USA) ist unlängst der Frage nachgegangen, welche Rolle „Gespräche am Lagerfeuer in der sozialen und kulturellen Evolution des Menschen“ spielten. Abendliche Unterhaltungen im Schein des Feuers hätten in früheren Zeiten eine ganz besondere beruhigende Wirkung entfaltet: „Nachts rücken Menschen zusammen, sie werden milde, geben sich Geschichten hin“, schreibt Wiessner. Natürlich haben wir heutzutage eine andere Kommunikationskultur Aber es sollte daran erinnert werden, dass durch das Ritual der Kamingespräche am Rande von Staatsbesuchen oder politischen Gipfeltreffen manch schwelender Streit beigelegt werden konnte. Erst recht in schwierigen Krisenzeiten muss es darum gehen, eben jene „soziale Wärme“  herzustellen, die der Philosoph Gerd Habermann als „Maß der menschlichen Anteilnahme am Nächsten“ fordert. „ Es ist besser , ein einziges kleines Licht anzuzünden, als die Dunkelheit zu verfluchen“, stellte der bedeutende chinesische Philosoph  Konfuzilus bereits vor 2.500 Jahren fest.

Ich habe die Hoffnung nicht aufgegeben, dass wenigsten ein Rest menschlicher Vernunft auch in der Jetztzeit noch übrig geblieben ist.

Dr. Dieter Langer