Der Medicus informiert /Der Stellenwert des Berührungsinns 

Warum es mehr als die klassischen fünf Sinne gibt

Es ist nachgewiesen, dass der Berührungssinn der erste Sinn ist, der sich beim Menschen entwickelt und er bleibt es bis zum letzten Atemzug. Blind oder taub kann ein Mensch, sehr unterschiedlich freilich, sein Leben meistern. Aber der Berührungssinn ist lebenswichtig, denn ohne Tastsinn lässt die Natur niemanden auf die Welt kommen. Vor allem Babys und Kleinkinder brauchen die tägliche körperliche Nähe für die gesunde Entwicklung vor allem des Gehirns.

Was für ein Wunder der Natur: Ein paar Streicheleinheiten und schon öffnet sich die körpereigene Apotheke. Die Forschung weiß bis heute noch nicht genau, wie genau die Mechanismen dabei ablaufen. Klar ist nur, dass wir Millionen von Rezeptoren in unserer Haut haben, die für die Weiterleitung von Berührungen zuständig sind. Besonders viele an den Fingerspitzen, der Zunge, den Lippen und den Genitalien. Frauen sind allgemein. Die Rezeptoren leiten Reize an Rückenmark und Gehirn weiter, wo berührungsempfindlicher als Männer, junge Menschen mehr als ältere bei angenehmen Berührungen das Hormon Oxytocin ausgeschüttet wird. Man spricht von dem „Liebeshormon“.

Außer den klassischen Sinnen werden heute noch weitere Sinne dem Menschen zugeschrieben: das Schmerzempfinden, der Temperatur- und Gleichgewichtssinn sowie die sogenannte Tiefensensibilität, in der die verschiedenen Reize im Körperinneren zusammengefasst sind (z.B. auch Muskelspannung).

Eine bestimmte Sonderrolle spielt bei der Bewertung von Menschen der Geruchssin. Das gilt nicht nur für spezifischen Geruch älterer Menschen. Man spricht allein von 20 bis 30 Sinneszellen der Geruchswahrnehmung (z.B.230 Schlüsselaromen, Whisky mit etwa 40 Geruchsbausteinen).Lavendel ist einer der klassischen Duftstoffe und gilt als das Duftwasser bereits vielen Jahrhunderten.

Die Millionen Sinneszellen für die Geruchswahrnehmung sitzen in der Riechschleimhaut des Menschen an der oberen Nasenhöhlenwand. Von dort werden die aufgenommenen Signale über den Riechkolben an das Gehirn weitergegeben. Und zwar sind es die orthonasale Wahrnehmung (Atemluft) und die retronasale Wahrnehmung (Nahrungsaufnahme). Beides hängt logischerweise mit dem Selbsterhaltungstrieb eines Menschen zusammen.

Der Duft von Lebensmitteln setzt sich in der Regel aus lediglich 230 Schlüsselaromen zusammen. Aus ihnen können unendlich viele Gerüche entstehen. Der Geruch der Butter entsteht aus lediglich drei Schlüsselaromen. Erdbeerrgeruch bildet sich aus zwölf Schlüsselaromen, während Whisky aus etwa 40 Geruchsbausteinen entsteht. Zusammenfassend: Experten schätzen ein, dass die Zahl der Gerüche, die ein Mensch unterscheiden kann, über ein Billion beträgt. An diesem
Beispiel lässt sich ableiten, wie wenig wir eigentlich über uns selbst wissen.         Dr. Dieter Langer