Deutsch-Russisches Forum besucht Cottbus

Die Forumsfahrt im komfortablen Reisebus startete am Berliner Hauptbahnhof. Hauptziel in der Stadt in der Lausitz wurde der Besuch der Ausstellung „Zwischen Zeiten Russland 1988-2018“. Frank Gaudlitz aus Vetschau präsentiert seine Fotoarbeiten im Brandenburgischen Landesmuseum für moderne Kunst/Dieselkraftwerk Cottbus. Drei Jahrzehnte unterwegs mit der Kamera in vielen Teilen des weltgrößten Landes machen die Auswahl zig Tausend „geschossener“ Motive sicher nicht leicht.        

  Frank Gaudlitz kam nur zufällig in eine Beziehung zu Russland und zur Fotografie. Als DDR-Student im Arbeitseinsatz im Permer Oblast, griff er zur Kamera und dokumentierte die Realität zu Sowjetzeiten. Diese, seine spezielle Sicht von außen auf den Alltag im Sozialismus, dominiert die aktuelle Fotoshow in Cottbus. Die frühen Aufnahmen vermitteln etwas von den Befindlichkeiten der Menschen und dem Leben in der Zeit von Glasnost und Perestroika. Hier sind es vor allem Tristesse und strahlende Propaganda, die in den Schwarz-Weiß-Fotografien recht düster wirken.

Durch ein investigatives Herangehen an die Wirklichkeit wirken die Gaudlitz-Fotos selbst von Landschaften und Resten von Straflagern abstoßend und gestellt. Es sind aber auch banale Aufnahmen vom widersprüchlichen Leben der Sowjetbürger typisiert, die ihre Leiden und ihre Zukunftslosigkeit zeigen sollen (Wartende Frauen vor dem Dorfkonsum, ein entnervter Fahrschüler, der traurige Garmoschkaspieler usw.) Insgesamt eine düstere Sicht mit Unschärfen, dokumentarisch und sicher wahr – aber Mitleid kommt beim Betrachter trotzdem nicht auf…

Wartende Frauen vor dem Dorfkonsum,

Einen Qualitätssprung gibt es bei den 144 Fotos dann nach den gravierenden Veränderungen, die die russische Gesellschaft in den 1990er-Jahren stark erschütterten. Gaudlitz ist wieder an ausgesuchten Ort und fotografiert jetzt in Farbe. Seine Sicht auf das Negative, auf die Verlierer in der Gesellschaft bleibt unverändert. Er versucht neue Themenschwerpunkte, Bildsprachen und Arbeitsweisen. Einprägsam beim Betrachter bleiben u.a. ein in der Metro schlafender Kadett in Galauniform, eine Selfigruppe vor dem Revolutionsdenkmal oder inhaltslose T-Shirts mit Putinporträt-Aufdruck. Laut Infoblatt des Kunstmuseums „beschäftigt sich der Fotograf mit der Transformation der russischen Gesellschaft und zeigt in seinen Fotografien die ganze Disparität dieses Landes“.

Gewiss, die Fotos zeigen eine persönliche, westlich- freiheitliche Einstellung auf Land und Leute. Mir fehlen hier Ansporn und Zuversicht – denn auch das ist typisch für das moderne Russland. Da bleibe ich doch lieber bei meinen positiven Russland-Bildern im Kopf, wie „Rollende Fahrzeuge auf der neuen Krimbrücke“, „Serienstarts der Sojus-Weltraumraketen“, „die Babuschka am Straßenrand, Blumen und Honig verkaufend“, „der Fernfahrer in seinem Grusowik auf der Eispiste in Sibirien“.

Kontrast auf dem Fahrhof

Das Deutsch-Russische Forum gibt es seit 25 Jahren. Es organisiert den Dialog und die Begegnung zwischen den Gesellschaften Deutschlands und Russlands. Dazu gehören Konferenzen, Seminare, Workshops und Diskussionsveranstaltungen zu zentralen Themen der deutsch-russischen Beziehungen für Entscheidungsträger und junge Führungskräfte aus Deutschland und Russland (https://www.deutsch-russisches-forum.de/). 

Der Standort des Kunstmuseums befindet sich auf der grünen Mühleninsel im Zentrum von Cottbus. Das Industriegebäude Dieselkraftwerk – ein von Werner Issel entworfener Klinkerbau, der 1928 seinen Betrieb aufgenommen hatte – wurde saniert und zu einem Museum der zeitgenössischen Kunst umgebaut. Für das abwechslungsreiche Ausstellungsprogramm stehen rund 1.200 qm Ausstellungsfläche zur Verfügung. In den Bereichen Maschinenhaus und Schalthaus erlebt der Besucher zumeist zwei bis drei Präsentationen parallel. Als „Kulturzentrum“ mitten in der Stadt ist das Museum auch Werkstatt für kreative Menschen, Konzert- und Tanzraum, Jazzbar oder Theaterbühne, Industriedenkmal im Lausitzer Revier, Tagungsort für Firmen und Vereine und Idylle zwischen Amtsteich und Spree. Aktuell erwarten die interessierten Besucher noch zwei Ausstellungen: „Das Faszinosum live und experimentell“ von Wolfgang G. Schröter und „Die Sehnsucht des Lichts“. Malerei des Spätimpressionismus. gk

Eisangler für die Ewigkeit
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Kontakt: Sebastian Nitzsche, Deutsch-Russisches Forum e.V.,
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Fotos: ©G. Meißner/F. Gaudlitz