„Die Übernahme“- ein streitbares Buch ?

Der Historiker Ilko-Sascha Kowalczuk hat mit „Die Übernahme – Wie Ostdeutschland Teil der Bundesrepublik wurde ein Buch über die Bilanz derdeutschen Vereinigung vorgelegt in dem er nachweist, wie der Vereinigungsprozess gestaltet worden ist.Kernaussage. So. wie das alles abgelaufen ist, konnten die Ostdeutschen keinen Zugang zu dem neuen System finden, Also, ein streitbares Buch ? Meiner Meinung nach keinesfalls. Eher ein nachdenkliches Buch. Vielleicht erscheint der Titel als gewollte Provokation. Das müsste der Autor erklären.

Wie hat sich denn der Übernahme-Beitritt  vollzogen ? Die überganglose Einführung vonBehörden. Strukturen und damit eine komplett unbekannte  Gesellschaftsordnung. Der Vollzug der Vereinigung war und ist auch weiterhin eine Symbiose von Missverständnissen  und Zumutungen, so lange sich die ehemaligen DDR-Bürger in ihrer großen Mehrheit als Deutsche „zweiter Klasse* vorkommen.

Die sogenannte friedliche Revolution m der DDR kam völlig überraschend. Als die Mauer fiel, hatte niemand damit gerechnet Fast nichts blieb im Osten so, wie es war« Vor allem die sozialen Folgen waren enorm. Wer dieses Buch vorurteilsfrei lesen will, sollte dazu aktuelle Ereignisse in seine Betrachtung mit einbeziehen. Beispiel: Kürzlich lud der Redakteur der „Süddeutschen Zeitung“ Patrick Bauer, zum Gespräch ins Deutsche Theater ein: Gregor Gysi und Schauspielerin Jutta Wachowaiak, die an der Spitze des Halbmillionen-Zuges am 04, November 1989 am Alex marschierte..

Unter Bezugnahme auf den 9. November 1989 sagte sie jetzt : „Nun konnte man reisenaber das Zuhause war weg.“ Jutta Wachowiaks Zuhause, das war auch „dieganz andere Wertschätzung“‚ ihrer Arbeit. Eigentlich ein urdemokratischer Impuls, der auch heute guttäte. Freilich ist an gesellschaftlichen Wegscheiden alles möglich. Alles richtig, alles falsch.

Die Art und Weise, wie die Einheit nach westdeutschen Muster „durchgezogen“  wurde undü noch immer wird, lässt jeden verdienten Respekt vor den Lebensleistungen  der Ostdeutschen vermissen. Genau von dieser Steile an, erklärt Iiko-Sascha Kowaiczuk  in seinem Essay, um was es gegangen wäre und noch immer geht Gleiche Lohne, gleiche Arbeitszeit, gleiche Renten und so viele Ostdeutsche in Führungspositionen. wie es ihrem Anteil an der Gesamtbevölkerung Deutschlands entspricht.

Iiko-Sascha Kowalczuk (geboren 1967 in Ostberlin) ist zu danken, dass er den Finger in die Wunde legt, wenn er einfordert, endlich einen Generationswechsel bei den „Aufarbeiten“‘ der DDR-Geschichte vorzunehmen. An seiner Seite stehen dabei Wissenschaftler, die sogar eine „Revision“ des in den letzten dreißig Jahren kolportierten Geschichtsbildes über dieDDR als „notwendig“ erachtet. Sein vorliegendes Buch könnte eine Art Auftakt dazu sein. Seine Aussage: „Diesen Weg wollten die Ostdeutschen nicht“.     

    Ein Beitrag für Medieninfo Berlin von Dr. Dieter Langer

Iiko-Sascha Kowalczuk: Die Übernahme, Wie Ostdeutschland Teil der Bundesrepublik wurde, Verlag CA Beck, 320 S, Klappenbroschur, 16 95 Euro