Fontane Tour Oderbruch

Wer im Oderbruch am östlichsten Rand Brandenburgs unterwegs ist, stößt automatisch auf Spuren von Theodor Fontanes Wanderungen durch die Mark Brandenburg. In Letschin z.B. betrieb Fontanes Vater einige Jahre eine Apotheke, in der sein Sohn aushalf. Später wohnte der Vater in Schiffmühle bei Bad Freienwalde. Ganz in der Nähe befindet sich sein Grab. Ausgangspunkt unserer Fontanetour aber ist der Ort Neulietzegöricke im Landkreis Märkisch-Oderland.

Von Neulietzegöricke nach Gusow-Platkow – Auf den Spuren der Kolonisten 40 km lang ist diese Etappe durchs Oderbruch. Begonnen wird sie mit einem Bummel durch Neulietzegöricke, direkt an der Oder. Der idyllische Ort wurde 1753 nach der Trockenlegung gegründet und ist damit das älteste Kolonistendorf im Oderbruch. Das ganze Ensemble mit dem Dorfanger, der kleinen Kirche und den denkmalgeschützten Fachwerkhäusern, deren Gärten nahtlos in die Weite des Oderbruchs überzugehen scheinen, ist als lang gestrecktes Straßendorf angelegt. Einladend eine Kaffeepause im Kolonisten-Kaffee hinter der Dorfkirche in einem der schönsten Dörfer von Brandenburg.

Die im Ort geborene Kaffeehaus-Chefin Martina Herrlich hat tgl. hausgebackenen Kuchen im Angebot, dazu die Spezialität Kolonisten-Kaffee. Im Haus in „Lietze“ kann auch preiswert übernachtet werden (www.kolonisten-kaffee.de).

Auf der gut ausgeschilderten „Königstour im Oderbruch“ geht es zurück nach Zollbrücke und von dort bis Groß Neuendorf wieder an der Oder entlang. Der Blick schweift in die weite Flussauenlandschaft. Zum Verweilen kann man sich nach knapp 10 km (am Kilometerstein 49,3) eine kleine Rast im Radler`s Hof gönnen. In dem gemütlichen Restaurant erwarten den Gast kalte oder heiße Erfrischungen und leckere Speisen mit italienischer Note, zubereitet aus frischen regionalen Produkten und Zutaten.

Einige Kilometer flussaufwärts, in Groß Neuendorf, grüßt schon von weitem der alte Verladeturm der ehemaligen Hafenanlage am stillgelegten Bahnhof der einstigen Oderbruchbahn, heute Kulturhafen genannt. Fünf dunkelgrüne Güterwaggons erinnern an diese Zeit. Heute kann man hier übernachten, speisen und den traumhaften Ausblick auf die Oder genießen. Einer der Waggons wurde in einen Theater-Salonwagen im Stil der 20er Jahre umgebaut. Das östlichste Theater Deutschlands präsentiert Kabarett, Klavierabende, Lesungen und vieles mehr (https://www.verladeturm.de/). Von Groß Neuendorf schwenken wir auf der „Königstour“ wieder ins Oderbruch. Dörfer wie Neubarnim deuten mit der Vorsilbe „Neu“ im Namen an, dass es Kolonistendörfer sind – im Unterschied zu den ursprünglichen Dörfern, deren Namen mit „Alt-“ beginnen.

Zwischen den Dörfern liegen die Loose-Gehöfte verstreut, auch sie sind Zeugnisse der Besiedelung nach der Trockenlegung, als den Neusiedlern Lose zugeteilt wurden, auf denen sie siedeln und ihr Land bewirtschaften konnten.
In Letschin tritt Fontane wieder in Erscheinung: als Büste auf einem Granitsockel vor der Fontane Apotheke in der Karl-Marx-Straße am nördlichen Ortsausgang. Von 1838 bis 1850 betrieb der Vater in diesem Haus eine Apotheke. Sohn Theodor verbrachte in Letschin einige Jahre und half seinem Vater aus. Auch nach 1850 besuchte er den Ort. Ein weiterer berühmter Sohn Neuruppins hat hier (und an anderen Orten im Oderbruch) seine Spuren hinterlassen: Baumeister Schinkel. Von seiner Kirche steht heute nur noch der Turm. Eine kleine Ausstellung im Turm zeigt die Geschichte des Baus. Unweit des Schinkel-Turms, auf der anderen Straßenseite, bietet das Landhaus Treptow Gelegenheit zu einer Rast. Auf der Karte stehen saisonale Gerichte aus tagesfrischen, regionalen Produkte. Hier kann man die kulinarische Vielfalt des Oderbruchs genießen. Am südlichen Ende der Straße liegt auf der rechten Seite das ehemalige Wirtshaus „Zum Alten Fritz“.

Es diente Fontane als Tatort-Vorlage für seine Kriminalnovelle „Unterm Birnbaum“. Auf der Suche nach dem Birnbaum mussten wir leider feststellen: Es gibt ihn nicht mehr. Typisch aber für alle passierten Orte – fast überall grüßt ein belegtes Storchennest. Durch die Letschiner Loose fahren wir ca. 7 km bis zum Ziel nach Gusow-Platkow. In Gusow plante Fontane in jungen Jahren eine Apothekerstelle anzunehmen, dazu kam es „Wanderungen“ gleich ein ganzes Kapitel widmet: Georg Freiherr von Derfflinger, der Generalfeldmarschall des Großen Kurfürsten. Derfflinger war dereinst Schlossherr in aber nicht. Und so steht in Gusow vor allem eine Person im Mittelpunkt, der Fontane in seinen Gusow.

Heute gibt es im privaten Schloss ein Museum, in dem wer möchte, in die Geschichte Brandenburg-Preußens eintauchen kann: Zinnfigurendioramen zeigen historische Szenen aus der Vorzeit bis ins Jahr 1989. Zu den Exponaten zählen auch militärische Uniformen, Möbel, Gemälde, Bücher und Urkunden – Sachzeugen aus verschiedenen Epochen. Über den Ort schreibt Fontane in den „Wanderungen“: „Alles in Gusow oder doch alles Beste, was es hat, erinnert an den alten Derfflinger: Schloss, Park, Kirche.“ (www.schloss-gusow.de).

Wie hat Fontane zu seiner Zeit so treffend über die Märker fabuliert? „Die Märker haben viele Tugenden, wenn auch nicht voll so viele, wie sie sich einbilden, … da jeder Märker ziemlich ernsthaft glaubt, dass Gott in ihm und seinesgleichen etwas ganz Besonderes geschaffen habe. So schlimm ist es nun nicht. Die Märker sind gesunden Geistes und unbestechlichen Gefühls, nüchtern, charaktervoll und anstellig, anstellig auch in Kunst, Wissenschaft und Religion, aber sie sind ohne rechte Begeisterungsfähigkeit und vor allem ohne rechte Liebenswürdigkeit.“ Und schließlich: „Das Pflichtgefühl der Märker, ihr Lerntrieb, ihr Ordnungssinn, ihre Sparsamkeit – das ist ihr Bestes. Und das sind die Märker, ihr Lerntrieb, ihr Ordnungssinn, ihre Sparsamkeit – das ist ihr Bestes. Und das sind die Eigenschaften, wodurch sie’s zu was gebracht haben.“ gk

Kontakt: Paulina Wielinski T. +49 (0)331/ 813 273 05 | +49 (0)173/ 847 487 9 E: paulina.wielinski@fontane-200.de

Fotonachweis (©alle gk)

Ortsschild NLG
Kolonistenhäuser
Martina Herrlich&Tochter
Kirche NLG
Kulturhafen Groß Neuendorf
Waggon Theater
Fontane-Büste in Letschin
Schinkelturm
Wirtshaus „Alter Fritz“
Schloss Gusow




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