Fortschritte bei Medikamenten
Im Jahr 2018 haben forschende Pharma-Unternehmen 36 neue Medikamente aufden Markt gebracht (ohne Biosimilars), darunter zwölf gegen Krebs- und zehngegen Stoffwechselerkrankungen. Dazu kamen noch neue Darreichungsformen fürbekannte Medikamente, etwa für Kinder. Insgesamt sind diese Arzneimittel gegenmehr als 45 Krankheiten einsetzbar. „Für viele Patientinnen und Patientenbedeuten die neuen Medikamente bessere Behandlungsmöglichkeiten; für einigesogar die erste gezielte Therapie überhaupt.“ Das sagte Birgit Fischer,Hauptgeschäftsführerin des Verbands der forschenden Pharma-Unternehmen (vfa),heute zu dieser Innovations-Bilanz.
Die Neueinführung von 36 Medikamenten mit neuem Wirkstoff in einem Jahr ist
überdurchschnittlich hoch (Zehnjahresschnitt: 32).
Für die Behandlung seltener Krankheiten hat sich 2018 viel getan: Gleich 15
Medikamente mit neuem Wirkstoff haben den Orphan Drug-Status in der EU (2017
waren es 10). Er zeigt an, dass die EU-Arzneimittelbehörde EMA diese Medikamente
gegen seltene Krankheiten als den bisherigen Therapiemöglichkeiten überlegen
einstuft.
Als selten wertet die EU Krankheiten, an denen höchstens fünf von 10.000
EU-Bürgern leiden; das entspricht derzeit maximal 256.000 EU-Bürgern. An der
Stoffwechselstörung Alpha-Mannosidose, die zu kognitiven und Immundefiziten
führt, leiden in der EU rund 5.000 Menschen. Am Sly-Syndrom mit seinen
Knochendeformationen und Sehstörungen leiden sogar weltweit weniger als 100
Menschen; es ist damit eine der seltensten bekannten Krankheiten überhaupt.
Gegen beide Krankheiten kamen in diesem Jahr erstmals Medikamente heraus.
Dazu sagte Birgit Fischer: „Das gute Dutzend neuer Orphan Drugs belegt,
dass Pharma-Unternehmen ihren Teil zu einer besseren Versorgung von Menschen
mit seltenen Erkrankungen leisten. Heute dauert es aber oft noch Jahre, bis
diese Menschen überhaupt eine richtige Diagnose bekommen. Wir hoffen, dass hier
das Nationale Aktionsbündnis für Menschen mit seltenen Erkrankungen (NAMSE) in
den kommenden Jahren einiges verbessern kann.“
Dass seit einigen Jahren vermehrt Orphan Drugs auf den Markt kommen, hat wegen
der sehr kleinen Patientenzahl nur geringe finanzielle Auswirkungen: Auf Orphan
Drugs entfallen pro Jahr nicht mehr als 3,7 % der Arzneimittelausgaben der
Krankenkassen.
Wie schon in vergangenen Jahren werden rund ein Drittel der neuen Medikamente
(12) gegen Krebserkrankungen eingesetzt. Dazu Fischer: „Fast die Hälfte
der Menschen in Deutschland erkrankt im Laufe ihres Lebens an der einen oder
anderen Form von Krebs. Mit intensivem Engagement ist es den Pharma-Unternehmen
gelungen, für sie weitere neue Therapien zu entwickeln. Für die Chancen der
Betroffenen es wichtig, dass gegen jede Krebsart mehrere unterschiedliche
Mittel zur Verfügung stehen. Damit können auch resistent gewordene Krebszellen
erreicht werden.“
Bei fünf weiteren Krebsmedikamenten wird über ihre Eignung im Einzelfall anhand
eines Gentests beim Patienten entschieden; das folgt dem Konzept der
Personalisierten Medizin.
Es ist außergewöhnlich, dass in einem Jahr gleich zehn Medikamente für
Patienten mit Stoffwechselerkrankungen herauskommen. Unter diesen befinden sich
Medikamente gegen die Volkskrankheit Diabetes Typ 2 ebenso wie gegen einige
seltene angeborene Stoffwechselstörungen. Zu diesen zählen Mukoviszidose,
Transthyretin-Amyloidose, bestimmte Lipodystrophien, verschiedene Störungen der
Harnstoff-Bildung sowie die schon erwähnten Krankheiten Alpha-Mannosidose und
Sly-Syndrom.
Vier weitere Medikamente mit neuem Wirkstoff dienen der Behandlung von
Entzündungskrankheiten – d.h. Krankheiten, denen eine Fehlsteuerung des
Immunsystems zugrunde liegt. Die Darmkrankheit Morbus Crohn gehört dazu, ebenso
die Psoriasis, das eosinophile Asthma und die Multiple Sklerose (MS). Für
Patienten, bei denen diese Krankheit primär-progredient (d.h. ohne
Regenerationsphasen) voranschreitet, stellt das Medikament von 2018 sogar die
erste zugelassene Basistherapie dar.
Unter den Medikamenten gegen Infektionskrankheiten befindet sich ein neuer
Impfstoff gegen Gürtelrose (Herpes zoster). Gegen diese Krankheit empfiehlt die
Ständige Impfkommission am Robert Koch Institut (STIKO) seit Dezember 2018 die
Impfung für alle ab 60 Jahren; eine Entscheidung zur Kostenübernahme durch die
Krankenkassen steht allerdings noch aus. Weitere Medikamente bekämpfen HIV, den
Darmkeim Clostridium difficile und das für immungeschwächte Patienten
gefährliche Cytomegalovirus (CMV). Für das CMV-Medikament erhielten die
Entwickler im November 2018 den Deutschen Zukunftspreis des Bundespräsidenten.
Gegen Hämophilie A (Gerinnungsstörungen durch Mangel an Gerinnungsfaktor VIII)
kamen zwei Medikamente heraus. Eins davon übernimmt die Funktion des Faktors
VIII, ohne selbst ein solcher Faktor zu sein (es ist ein Antikörper). Es ist für
Patienten zugelassen, bei denen wegen der Entwicklung von Hemmkörpern Faktor
VIII-Präparate kaum wirksam sind.
Neu ist auch, dass einige Medikamente nun in einer kleinkindgerechten
Darreichungsform verfügbar sind (Granulat, Suspension o.ä.), etwa zur Behandlung
von Neugeborenen-Diabetes oder Nebennieren-Insuffizienz.
Ein Beitrag für Medieninfo Berlin von Edelgard Richter / Dela Press.