Frauen aus der DDR

Emanzipiert und stark Buchcover

Eigentlich ist dieses Buch eine große Selbstbegegnung mit alten Zeiten. Irgendwie viel Vergessenes – aber auch Unbekanntes ist zu entdecken. Vor allem die eindrucksvollen Fotos.

Von der Emanzipation zur Selbstbestimmung: Die DDR und ihre Frauen

Was ist dran, wenn vom spezifischen Selbstbewusstsein der DDR-Frauen gesprochen wird? Stimmt es überhaupt, dass sich Frauen aus dem Osten anders definierten als ihre westlichen Schwestern? Waren sie emanzipiert(er)? Und wenn ja, was ist dreißig Jahre nach den grundlegenden gesellschaftlichen Veränderungen davon geblieben? Weit mehr als in Westdeutschland hatte man sich in der DDR bemüht, die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen für eine gleichberechtigte Entfaltung von Frauen zu schaffen. 1949 erhielt die Gleichberechtigung von Männern und Frauen in der DDR Verfassungsrang. Aus politischen, wirtschaftlichen und demografischen Gründen. Sozialpolitische Maßnahmen wie Babyjahr, Haushaltstag und Frauensonderstudium, staatliche Hilfen bei der Geburt, Betreuung und Erziehung sollten Kind und Karriere für  berufstätige Mütter möglich machen. Aus der Rückschau lassen sich wichtige Denkanstöße zur Stellung der Frau in der heutigen Zeit gewinnen.

In Text und starken Bildern zeigt das Buch »Emanzipiert und stark – Frauen aus der DDR« historische und juristische Voraussetzungen, skizziert das Leben, den Alltag, die gesellschaftspolitischen Entwicklungen in vierzig Jahren DDR, blickt auf das Frauenbild in Kunst, Literatur und Film und bezieht die Lebenserfahrungen engagierter Frauen und statistisches Material ein. Mit aufschlussreichen Interviews u.a. mit Simone Barrientos, Dagmar Enkelmann, Gesine Lötzsch, Petra Pau sowie zahlreichen, bislang unveröffentlichten Fotos. Knackpunkt aller Diskussionen um die erfolgreichen DDR-Frauen ist das Thema Emanzipation. Viele Feministinnen im Westen bestritten damals und bestreiten heute noch, dass es in der DDR eine Frauenemanzipation gegeben habe. Die Frauen seien allein aus ökonomischen Gründen, wegen des Mangels an Arbeitskräften, in den Produktionsprozess getrieben worden und hätten sich dabei nicht emanzipiert, sondern einer patriarchalischen Männerwelt unterworfen. Statt wirkliche Emanzipation von den Männern zu praktizieren, seien sie einer eigentlich unerträglichen Dreifachbelastung von Berufsarbeit, häuslicher Arbeit und Besorgungsarbeit in der Mangelwirtschaft unterworfen worden.

Die eigene praktische Erfashrung sagt aber: In der DDR wurde von Anfang an auf die Gleichstellung und Selbständigkeit der Frauen durch Teilnahme nicht nur in der Produktion, sondern am ganzen öffentlichen Leben gedrängt. Typisch war eine starke Beteiligung der Frauen an wesentlichen sozialen Prozessen. Die Frauen mussten nicht wie im Westen den aus dem Krieg zurückgekehrten Männern ihre Positionen räumen. Sie blieben überall beteiligt. Entscheidend war schließlich auch die Lohnpolitik. Das 1965 in der DDR erlassene Familiengesetzbuch festigte letztendlich eine Rolle der Frau, von der man im Westen gemäß BGB nur träumen konnte. Die kompetenten Herausgeber und Autoren sind Kinder der DDR und haben auf ihrem eigenen Lebensweg die „Mühen der Ebene im Osten“ mitgestaltet. Dirk Külow, Diplomarbeit als Historiker an der Universität Leipzig,

Tätigkeit als Regieassistent beim Fernsehen der DDR, redaktioneller Mitarbeiter beim ZDF und MDR, von 2005 bis 2015 Marketingleiter beim »neuen deutschland«, seit 2018 wissenschaftlicher Mitarbeiter für Kulturpolitik im Bundestag. Autor von Sachbüchern sowie Dokumentarfilmen zur Geschichte der DDR. Dagmar Enkelmann, geboren 1956, Aspirantin an der Akademie für Gesellschaftswissenschaften, 1989 Promotion. 1990 Abgeordnete des Bundestages, dann Landtagsabgeordnete in Brandenburg, später wieder Bundestagsabgeordnete und dort von 2005 bis 2013 parlamentarische Geschäftsführerin der Linksfraktion. Seit 2012 ist sie Vorsitzende der Rosa-Luxemburg-Stiftung. Das aktuelle Buch hatte Premiere zur Leipziger  Buchmesse – auch eine Leseempfehlung für die nkelgeneration. Ausgelesen von Günter  Knackfuss.

Herausgeber Dirk Külow, Dagmar Enkelmann; Eulenspiegel Verlagsgruppe

Emanzipiert unmd stark Frauen aus der DDR, 256 Seiten, geb. mit zahlr. Abb., Buch 19,99 €, ISBN 978-3-355-01880-7

Foto: ©Verlag

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