Höhere Mietausfälle befürchtet

Die Wohnungsunternehmen in Deutschland spüren zunehmend die Auswirkungen der Corona-Pandemie. Insbesondere bei der Vermietung, der Instandhaltung und Modernisierung der  Wohnungen sowie der Betreuung von Mieterinnen und Mietern sehen sich die Unternehmen mit Beeinträchtigungen konfrontiert. Das ergab eine Befragung des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW unter bundesweit mehr als 2.000 der im Verband organisierten Wohnungsunternehmen. Die Mietausfälle und -stundungen bewegten sich im Befragungszeitraum Mitte April noch auf einem relativ niedrigen Niveau, drei Viertel der Umfrageteilnehmer rechnen aber in Zukunft mit höheren Mietausfällen. Im Gewerbebereich sind die Ausfälle bereits deutlich höher.

„Wenn immer mehr Mieter mit Einkommensausfällen zu kämpfen haben und es nicht mehr schaffen, ihre Miete zu zahlen, hat das unmittelbare Folgen: Viele Wohnungsunternehmen müssen in der Corona-Zeit deshalb ihre Investitionen zurückfahren und auch bei den Instandhaltungen planen jetzt schon viele Unternehmen Einschnitte“, erklärte GdW-Präsident Axel Gedaschko mit Blick auf die Umfrage-Ergebnisse. „Für die kommenden Wochen und Monate ist es deshalb enorm wichtig, dass sowohl die Zahlungsfähigkeit der Mieter als auch damit die Liquidität der Wohnungsunternehmen weiterhin gesichert wird.“ Hier seien insbesondere weitere Verbesserungen beim Wohngeld-Bezug notwendig.

Die von den Wohnungsunternehmen berichteten Mietausfälle und Stundungen in der Wohnungsvermietung fielen im Zeitraum der Befragung Mitte bis Ende April noch verhältnismäßig gering aus. Grund ist, dass die strengeren Einschränkungen des öffentlichen Lebens erst im April in Kraft traten. Zu diesem relativ frühen Zeitpunkt im Gesamtverlauf der Corona-Pandemie ließ die finanzielle Lage vieler Mieter eine Zahlung der Miete in den allermeisten Fällen vorerst noch zu. So haben die befragten Unternehmen von Mitte bis Ende April bei rund 15.000 Mietverhältnissen von einem kompletten Zahlungsausfall berichtet – das entspricht 0,66 Prozent der Mietverhältnisse der befragten GdW-Unternehmen und einem finanziellen Minus von insgesamt 6,8 Mio. Euro. Von Stundungsanträgen berichteten die Unternehmen in rund 6.500 Fällen – das waren 0,29 Prozent der Mietverhältnisse und ein Minus von 2,3 Mio. Euro.

Bei der Gewerbevermietung fallen die Auswirkungen schon jetzt wesentlich negativer aus: Bei rund 1.240 betroffenen Mietverhältnissen summiert sich das Minus ausgefallener Monatsmieten laut Umfrageergebnissen auf 3,7 Mio. Euro. Die Summe gestundeter Mieten beläuft sich bei rund 2.800 betroffenen Mietverhältnissen auf insgesamt 9,4 Mio. Euro.

Für den Monat Mai rechnet die Wohnungswirtschaft angesichts anhaltender Einschränkungen, zunehmender Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit mit deutlich höheren Zahlungsausfällen und Stundungen. Drei Viertel der Unternehmen (75 Prozent) gaben in der Umfrage an, dass sie im Zuge der Corona-Krise in Zukunft höhere Mietausfälle erwarten.

Infolge zunehmender Zahlungsausfälle sieht sich mehr als ein Fünftel der befragten Wohnungsunternehmen (21 Prozent) bereits gezwungen, die Investitionen in die Instandhaltung zurückzufahren. Fast ein Viertel der Unternehmen (24 Prozent) plant, Investitionen in weitere Modernisierungsmaßnahmen zu senken.

„Eine Kettenreaktion von ausbleibenden Zahlungen und dadurch wegbrechenden Aufträgen für Handwerker und Bauunternehmen muss unbedingt verhindert werden“, betonte der GdW-Chef. „Die bislang Schritt für Schritt getroffenen Hilfsmaßnahmen der Bundesregierung, wie die Vereinfachungen beim Wohngeld-Bezug und die Erhöhung des Kurzarbeitergeldes, sind hier von herausragender Bedeutung. Sie werden aber angesichts des langen, weiteren Verlaufs der Corona-Krise nicht ausreichen.“ Deshalb seien für eine wirklich wirksame Unterstützung durch das wohnungs- und sozialpolitisch bedeutsame Instrument des Wohngeldes folgende Nachbesserungen notwendig:

Anträge auf Wohngeld sollen in der aktuellen Krisensituation bei den zuständigen Behörden laut Hinweisen des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat (BMI) auch formlos oder elektronisch gestellt werden können. Allerdings erfolgt das Prüfungsverfahren in der Praxis zu häufig in analoger Form, was wertvolle Zeit kostet. Die Wohnungswirtschaft fordert deshalb eine rasche und stärkere Digitalisierung der Antrags- und Bewilligungsverfahren bei den Wohngeldbehörden. „Nicht nur in den Wohngeldbehörden, sondern auch in der Verwaltung insgesamt, brauchen wir einen echten Digitalisierungsschub“, forderte Gedaschko. 

Um mehr Mieter in finanzieller Not durch Wohngeld unterstützen zu können, sollten zudem die gesetzlichen Höchstbeträge der zu berücksichtigenden Miete – die sogenannte Mietenstufe – angehoben werden. Die Differenz  zwischen der aktuellen und der dann angehobenen Mietenstufe wäre im Einzelfall vom Bund zu tragen. Darüber hinaus plädiert die Wohnungswirtschaft für einen  pauschalen Zuschlag von 50 Cent pro Quadratmeter. Durch diese zu befristenden Maßnahmen können mehr Haushalte Wohngeld erhalten und ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nur bei der Miete nachkommen. Am Ende würde damit vielen Menschen geholfen werden.  

Ebenfalls zu Gunsten rascher Verfahren sollen laut BMI die zu erbringenden Nachweise auf das für die Wohngeldberechnung zwingend Notwendige beschränkt werden. Damit dies überall eingehalten wird, sollten die BMI-Hinweise gesetzlich oder verordnungsrechtlich bindend gestaltet werden.

Hinzu kommt, dass bei gestundeten Mieten, deren Zeitpunkt der Fälligkeit über den Bewilligungszeitraum des Wohngelds von 12 bis 18 Monaten hinausgeht, als Folge auch das pro Monat ausgezahlte Wohngeld reduziert wird. Um in Not geratene Mieterinnen und Mieter tatsächlich wirksam zu unterstützen, fordert die Wohnungswirtschaft, Mietenreduzierungen – insbesondere Stundungen – eben nicht auf die Höhe des Wohngelds anzurechnen.


Ein Beitrag von Edelgard Richter / Dela Press