Sichere Lebensmittel

In Berlin fand vom 20. bis zum 21. Februar 2018 im nhow Hotel Berlin der 10. Food Safety Kongress des Lebensmittelhandels statt, an dem zahlreiche Entscheider der Branche teilnahmen. Während des einmal jährlich stattfindenden Kongresses wurden zahlreiche Aspekte des Lebensmittelmarktes erörtert.

 

Nach der Begrüßung der Gäste durch Stephan Tromp, stellvertretender Hauptgeschäftsführer Handelsverband e.V. Deutschland, übernahm Professor Dr. Ulrich Nöhle von der TU Braunschweig die Moderation.

 

Eines der Hauptthemen war die Lebensmittelsicherheit, gleichzeitig befassten sich die Referenten mit dem Risiko-Management, denn auch die Lebensmittelsicherheit gehört zur Daseinsvorsorge. Der Schutz vor Lebensmittelbetrug war ein weiteres Thema, mit dem sich Handel und Lebensmittelindustrie zunehmend beschäftigen müssen.

 

Die Erschließung kaufkräftiger internationaler Märkte erfordert einheitliche Kontrollstandards und eine sachgerechte Kontrolldichte. Rechtsanwalt Peter Loosen, Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde e. V. (BLL), Büro Brüssel, berichtete, dass Brüssel sich mit der Zulassung neuartiger Lebensmittel (Würmer und Insekten), von Nahrungsergänzungsmitteln und den unterschiedlichen Qualitäten von Lebensmitteln befasst. Dr.Michael Lendle, Geschäftsführer AFC Risk & Crisis Consult GmbH, rief die EHEC-Epidemie in Erinnerung, für die ägyptische Sprossen verantwortlich gemacht wurden. Sind Glyphosat und Fibronil in Eiern schädlich? Besteht Krebsgefahr bei Mineralöl in veganen Brotaufstrichen? Vorkommnisse wie Pferdefleisch in Lasagne lassen Misstrauen bei den Verbrauchern entstehen. Über eine innovative Idee berichtete Tim Treis, Vorstand und Geschäftsleiter von Bickus, und der uralten Frage: Was war zuerst da, das Huhn oder das Ei? Zuerst das Ei, denn das Huhn wird nach der Ei-Produktion zuletzt geschlachtet und von Bickus zu fast hundert Prozent verwertet.

 

Über die Rückverfolgung der Lieferkette am Beispiel von Pizzen, die viele verschiedene Zutaten in unterschiedlichen Qualitäten enthält, erklärte Professor Dr. Dr. Andreas Hensel, Präsident Bundesinstitut für Risikobewertung, die Schwierigkeiten bei der Feststellung der Inhaltsstoffe. Sind fremdartige Stoffe in einem Lebensmittel enthalten? Ist die Herkunft richtig deklariert? Amerikanischer, spanischer und slowakischer Mais hat unterschiedliche Qualitäten. Verfälschtes Milchpulver für Babys in China kann Nierenerkrankungen hervorrufen; bei Paprika

wird die Farbe mit Bleioxid verfälscht. Es gibt Fälschungen gerade im Bio-Bereich um höhere Preise zu erzielen.

 

Alle großen Krisen wurden durch Futtermittel ausgelöst. Durch die Verfütterung infiziertet Lebensmittel kam es immer wieder zu Ausbrüchen der Schweinepest. Professor Hensel: „Die Prüfung von Lebensmitteln mittels elektronischer Standards ist wünschenswert, dann sind Verfälschungen von Lebensmitteln oder ihre Kontaminierung schnell erkennbar. Um Gesundheitsgefährdungen zu erkennen ist Zeit am wichtigsten. Es muss schnell gehen“. Dr. Gerd Fricke vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) sprach über Food Fraud, das heißt der vorsätzliche Betrug durch Lebensmittelfälschungen zwecks Gewinnerzielung. Seit 2011 sind bei entsprechenden Warnhinweisen Europol und Interpol involviert. 2017 wurde die Bund-Länder-Gruppe „Food Fraud“ ressortübergreifend gegründet.

 

Über die Lebensmittelsicherheit innerhalb einer Lieferkette referierte am Beispiel der Gewürzindustrie Dirk Radermacher, Hauptgeschäftsführer Fachverband der Gewürzindustrie e.V. In seinem bemerkenswerten Vortrag führte er aus, dass die Gewürzindustrie darauf bedacht ist, Pfeffer entsprechend den europäischen Standards in seiner Reinheit auf dem Markt zu bringen und alle Möglichkeiten einer Verunreinigung auszuschließen.

 

Wenn man jemanden „dahin wünscht, wo der Pfeffer wächst“, ist das ganz weit weg. Schwarzer Pfeffer wird nur in wenigen Ländern produziert. So wird die Kletterpflanze Pfeffer, die ursprünglich aus Indien stammt, auch in Malaysia, Indonesien, Brasilien und Vietnam kultiviert, wobei Vietnam das Hauptanbaugebiet ist. Aus Indien gelangt inzwischen weniger Pfeffer nach Europa, weil durch steigenden Wohlstand der Pfeffer im Land selbst konsumiert wird. Auf der kleinen Insel Bangda (Indonesien) wird auch weißer Pfeffer angebaut. Die 10 Meter hohe Kletterpflanze wird allgemein auf eine Höhe von vier Metern zurückgeschnitten, allerdings in Malaysia soll sie nicht höher als zwei Meter hoch werden. Durch die anhaltende Landflucht in diesem Land gibt es fast nur noch ältere Leute, die die Ernte einbringen können, weshalb die Pflanze niedrig gehalten wird. In den letzten Jahren sind die Preise für Pfeffer stetig gestiegen, die Erntemenge jedoch nicht. Der Weltbedarf liegt bei 400.000 Tonnen.

 

Verunreinigungen des Gewürzes können durch Biphenyl, Anthraquinon oder Nikotin erfolgen. Die Mittel werden nicht zum Pflanzenschutz eingesetzt, sondern der Eintrag kommt durch Niederschlag zustande. Auch Wildpilze können Nikotin enthalten. Anderweitige Verunreinigungen können durch Antibiotika-Rückstände und Mineralöle entstehen. Das Gewürz wird in Säcken verpackt, deren Nähte mit in ölgetränkten Fäden genäht wurden. Auch das sogenannte Container dressing trägt zu Verunreinigungen bei: Die Container werden mit alten Kartons und Packpaier ausgelegt, um Feuchtigkeit zu absorbieren.

 

Schwarzer Pfeffer ist frisch geerntet grün, deshalb wird er zum Trocknen in der Sonne ausgelegt. Durch Vögel und Katzen kann es zu Verunreinigungen kommen oder er wird an einer Hauptstraße getrocknet, an der starker Verkehr herrscht. Inzwischen gibt es jedoch gute Verfahren, um Steine, Insekten oder Fremdpflanzen zu entfernen.

 

Daneben gibt es viele Methoden, Lebensmittel zu verfälschen. So werden Oregano getrockenete Olivenblätter beigemischt

 

Nicht nur Pfeffer ist knapp und teuer, da man in Borneo inzwischen anstelle von Pfeffer lieber Palmölpflanzungen anlegt. In Ägypten werden Majoran und Koriander nicht mehr angebaut, da die Regierung den Anbau von Weizen fördert. Koriander kam auch aus der Ukraine, inzwischen jedoch aus anderen Ländern. Selleriegewürz und Petersilie werden in Deutschland produziert, jedoch durch den Anbau von Mais und die Anlage von Solarfeldern eingeschränkt. Der jetzige Flughafen München war eines der größten Anbaugebiete für Kräuter in Deutschland. Die besten Muskatnüsse wuchsen auf der Insel Grenada. 2004 verwüstete der Hurrican Iwan die Insel und damit die Muskatbäume. Menge und Qualität der Muskatnüsse wurden inzwischen jedoch noch nicht wieder erreicht.

8 Jahre dauert es, bis ein Muskatbaum Früchte trägt. Damit sind auch Wetterphänomene verantwortlich für Erntemengen und damit die Preise. Wichtig ist die Rückverfolgbarkeit der Produkte, was teilweise schwierig ist. Bei vietnamesischen Pfeffer wurde festgestellt, dass er teilweise in kleinen Plastiktüten angeliefert und dann zusammengeschüttet wird. Das macht eine Rückverfolgung innerhalb der Lieferkette schwierig.

 

Über die Aktivitäten zur Bekämpfung von Lebensmittelbetrug informierte Dr. Britta Müller, Amtstierärztin am Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL). Dr. Kristina Kappel vom Max Rubner-Institut (MRI) Karlsruhe unterrichtete die Teilnehmer des Kongress über Authentizitätsprüfungen von Lebensmitteln und analytische Nachweisverfahren, um Echtheit und Rückverfolgbarkeit in komplexen Warenketten zu überprüfen, was ebenfalls eine interessante Geschichte ist.

 

Ein Beitrag für Medieninfo Berlin von Edelgard Richter / Dela Press.