Sparen – Geschichte einer deutschen Tugend

Eine Ausstellung des Deutschen Historischen Museums in Zusammenarbeit mit der Berliner Sparkasse

23. März bis 26. August 2018

„The German Problem“ titelte die britische Wochenzeitung The Economist 2017 und bringt damit die internationale Kritik an der deutschen Spardoktrin auf den Punkt. Denn Sparen, so scheint es, versteht sich in Deutschland von selbst. Die Bürger, der Staat ebenso wie die Unternehmen sparen in Deutschland in einem großen Umfang und nahezu unabhängig von konjunkturellen Entwicklungen. Erstmals ist dieses Phänomen nun Gegenstand einer Ausstellung. Unter dem Titel „Sparen – Geschichte einer deutschen Tugend“ geht das Deutsche Historische Museum den Wurzeln dieser Sparneigung vom 23. März bis 26. August 2018 nach.

„In der Diskussion um die Finanzkrise ist Deutschland als Vertreter einer ausgeprägten Austeritätspolitik in vielen europäischen Ländern heftig angegriffen worden. In Deutschland hatte man für diese Angriffe wenig Verständnis. Warum war dieser Konflikt emotional so aufgeladen?  Hier könnte die historische Dimension eine Rolle spielen. Wir glauben, mit unserer Ausstellung eine wichtige Perspektive in die Debatte einzubringen. In welcher Weise und warum hat sich das Sparen in Deutschland über Jahrhunderte zu einer unhinterfragten Tugend entwickelt? Warum ist man in Deutschland oft stolz darauf, ,Sparweltmeister‘ zu sein?“, sagt Prof. Dr. Raphael Gross, Präsident des Deutschen Historischen Museums.

Die Deutschen und das Sparen

Die Botschaft des Sparkassenplakats von 1918 „Sparer, seid beruhigt…!“ findet sich fast 100 Jahre später angesichts der Bankenkrise im Statement von Bundeskanzlerin Angela Merkel vor versammelter deutscher Presse nahezu unverändert wieder und macht die politische Dimension des Sparens in Deutschland deutlich. Denn wenn die Sparer beruhigt sind, gibt es keine Krisen. In dieser Formel drückt sich eine ausgeprägte Sparmentalität aus , die vermutlich in keiner Nation so gelebt wird wie bei den Deutschen: Scheinbar unbeeindruckt von Hyperinflation, Weltwirtschaftskrise und historisch niedrigen Zinsen sparen die Deutschen seit langem auf einem konstant hohen Niveau, das keine besonderen Ausschläge zeigt und außergewöhnlich wenig auf wirtschaftliche oder politische Entwicklungen reagiert.

Woher kommt diese eigentümliche Einstellung? Welche Rolle spielt dabei der Staat? Und kann man wirklich von einer Tugend sprechen, oder kann diese Sparneigung nicht auch sehr schädlich sein? Diesen und weiteren Fragen, die seit der Eurokrise eine besondere Aktualität erfahren haben, geht die Ausstellung des Deutschen Historischen Museums nach: Von der Gründung der Knappschaften als Institute der sozialen Fürsorge für Bergleute im 13. Jahrhundert über die Entstehung und die zentrale Rolle der Sparkassen im ausgehenden 18. und 19. Jahrhundert bis hin zum Sparen als politischem Instrument und als wichtiges Mittel der Kriegsfinanzierung. Sie zeichnet die Geschichte der Sparerziehung nach, die seit der Industrialisierung als Gegenmittel zu revolutionärem Gedankengut betrachtet wurde, getreu dem Motto „Wer spart, hat etwas zu verlieren und geht nicht auf die Straßen“.

Von klein auf wird in Deutschland das Sparen eingeübt und vorgelebt: Anfang des 20. Jahrhunderts tragen Spardosen den Werbeslogan „Junges Blut spar Dein Gut“, Schulsparkassen fördern die Entwicklung eines ausgeprägten Sparsinns; im Nationalsozialismus wird Sparsamkeit zum zentralen Erziehungsziel erklärt. Die Ausstellung geht auch der vielschichtigen Bedeutung des Sparens im Nationalsozialismus nach, wie dem Verhältnis von Sparideologie und Antisemitismus, der Verzahnung von Finanz- und Staatsapparat und der Popularisierung des Sparens: von der Einführung von Sondersparformen und erfolgreichen Konsumsparprogrammen bis hin zum Zweck des Sparens als „geräuschloser“ Rüstungsfinanzierung für die Vorbereitung eines Angriffskrieges.

„Wenigstens ein Notgroschen…“

Exponate wie ein Geldtransportwagen und Sparbücher mit rasant wachsenden Guthaben illustrieren die trotz kriegsbedingter Hyperinflation ungebremste Sparmentalität der Deutschen. Die veredelte Sonderedition des Sparbuches, das sogenannte „Sparkassenbuch Gold“, das anlässlich der jüngsten Bankenkrise mit dem Ziel herausgegeben wird, das Vertrauen der Berliner in die Sicherheit des Sparens zu stärken, illustriert die Kontinuität dieser hohen Bewertung der Sparsamkeit.

Die Ausstellung knüpft mit Expertenstimmen an die aktuellen Debatten an und zeigt mit Seitenblicken nach Großbritannien und Frankreich die Entwicklung des Sparens im internationalen Vergleich. Themenräume zum gegenwärtigen Sparverhalten, zum Geschlechterbild in der Sparwerbung und zur Natursymbolik beleuchten das Phänomen des Sparens epochenübergreifend.

Die Ausstellung ist inklusiv und barrierefrei und bietet neben Texten in deutscher und englischer Sprache die Hauptinformationen auch in Braille, in Leichter Sprache sowie als Gebärdenvideo an. „Inklusive Kommunikations-Stationen“ laden zu einem partizipativen Einstieg in jeden Themenbereich ein.

Zur Ausstellung erscheint der Essayband „Sparen. Geschichte einer deutschen Tugend“. 268 Seiten, 80 Abbildungen, 25,- €, Hardcover mit Schutzumschlag. Informationen zum Begleitprogramm stehen unter www.dhm.de zur Verfügung.

PM: Deutsches Historisches Museum

 

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