Strasse der Romanik
Eindeutig historisch belegt ist die TATSACHE von einer ersten Ehe König Heinrich I. mit der Grafentochter Hatheburg. Die Braut hatte der Herrscher des ostfränkischen Reiches im Jahr 920 aus dem Kloster geholt. Nachdem der Bischof die Ehe wegen des Gelübdes annulierte, heiratete der Monarch auf dem Ottonen-Thron die sächsische Adelige Mathilde in Quedlinburg. Dies alles erfährt der geneigte Kulturtourist entlang der Strasse der Romanik in Sachsen-Anhalt. Wie eine 8 verzweigen sich die bauhistorischen und berühmten Orte in eine Nord- und Südroute auf mehr als 1.000 km. Es ist eine Entdeckungsreise in das Deutsche Mittelalter mit 73 Stationen zu 88 der interessantesten romanischen Baudenkmäler. Wehrhafte Burgen, Dome, Klöster und Kirchen aus der Zeit des 10. bis 13. Jh. sind Zeugnisse der Zeit der Christianisierung mit Kreuz und Schwert. Die Romanik ist der erste umfassende und klar ausgeprägte Stil der mittelalterlichen europäischen Kunst, maßgeblich geprägt von christlich-religiösen Vorstellungen. Dabei nahm die Architektur zunächst die führende Rolle ein. Zu bedeutenden Bauwerken dieser Jahrhunderte gehören u.a. der Magdeburger Dom, das Benediktinernonnenkloster Hillersleben, die Pfarrkirche St. Lorenz Salzwedel, der Dom zu Havelberg, Stadtkirche und Prämonstratenserstift in Jerichow, Kloster Gröningen, Dom und Domschatz zu Halberstadt, Dome in Merseburg und Naumburg, St. Johanniskirche Wernigerode und die Stiftskirche mit Domschatz in Quedlinburg. Womit wir am Start unserer aktuellen Reise sind.
Die UNESCO-Welterbestadt Quedlinburg im Harz wird überragt von der romanischen Stiftskirche St. Servatius auf dem Schloßberg aus dem Jahre 1100. Besonders sehenswert sind der weltberühmte Domschatz, die Sarkophage des Königsehepaares Heinrich I. und seiner Gemahlin Mathilde sowie die romanische Krypta. Der Domschatz besteht aus Kostbarkeiten vieler Epochen und ist ein beeindruckendes Zeugnis der wechselhaften Geschichte der Stiftskirche. Wir entdecken kostbare Behältnisse, seltene Handschriften, Skulpturen und Tafelmalereien. Zu bewundern auch einzigartige Goldschmiedearbeiten, feine Elfenbeinschnitzereien und bedeutende Evangeliare oder Reliquiare. Besonderer Höhepunkt des Schatzes ist der älteste erhaltene Knüpfteppich Europas aus dem Jahre 1200.
Museumspädagogin Doreen Klinger empfiehlt uns noch einen Abstecher zum Marienkloster Münzenberg. Dort restaurieren gerade junge Leute die inneren Museumsmauern. Museumsführer Roland Lehmann erklärt: „An den beeindruckenden Resten der Kirche St. Marien lassen sich noch heute alle Elemente einer ottonischen Basilika mit Apsis, Querhaus, dreischiffigem Langhaus und Westbau ablesen. Einmalig auch die vollständig erhaltene Ostkrypta und sichtbare Teile des Klosterfriedhofs mit Kopfnischengräbern“. Für eine gründliche Besichtigung der Welterbestadt reicht ein Tagesaufenthalt nicht aus…
Nur zwei Kilometer weiter erreichen wir das Örtchen Gernrode mit der Stiftskirche St. Cyriakus. Die von Markgraf Gero 959 auf dem Gelände seiner Burg gegründete Stiftskirche gehört zu den beeindruckendsten Bauwerken an der „Straße der Romanik“. Ausdruck mittelalterlicher Gedankenwelt ist das Fehlen rechter Winkel innerhalb der Kirche. Auch das Damenstift St. Cyriakus gehört heute zu den bedeutendsten Zeugnissen ottonischer Architektur. Im südlichen Seitenschiff ist im 11. Jh. das heilige Grab nachträglich eingesetzt worden, die älteste in Deutschland erhalten gebliebene Nachbildung des Grabes Christi in Jerusalem.
Noch weiter südlich zieht sich unsere Route nach Ballenstaedt mit dem Benediktinerkloster St. Pankratius und Abundus. Die Stadt gilt als der älteste Stammsitz der Askanier und Wiege Anhalts. Die ehemalige Benediktinerinnenkirche gehört zu den besterhaltenen romanischen Bauten im Harz. Sie wurde zwischen 1140 und 1230 ohne Krypta erbaut. Besonders sehenswert sind die 14 Stuckengel im Langhaus und die Köpfe über den Rundbogenscheiteln der Arkaden. Durch die hervorragende spätromanische Bauplastik konnte die Kirche an überregionaler Bedeutung gewinnen. Ein kurzer Abstecher führt uns nach Thale.
Hier gilt es, das Kloster Wendhusen zu entdecken. Das Kanonissenstift ist um 825 gegründet worden und erreichte im Verlauf des 9. Jahrhunderts seine größte Bedeutung. Im 10. Jahrhundert beherrschten die Liudolfinger/Ottonen das Stift und verbanden es mit dem neugegründeten Reichsstift Quedlinburg. Der größte Teil des Grundbesitzes wurde darauf durch Otto I. mit dem Bistum Halberstadt zugunsten seiner neuen Residenz in Magdeburg getauscht.
Als Finale auf unserer Reise entlang der romanischen Südroute besuchen wir Halberstadt. Hier stehen Dom mit Domschatz sowie die Liebfrauenkirche auf dem Programm. Die Kirche, eine kreuzförmige Pfeilerbasilika, ist die einzige viertürmige romanische Basilika Mitteldeutschlands. Ihre berühmten Chorschranken gehören zu den bedeutendsten Werken der Spätromanik. Noch gewaltiger wirkt auf uns der ehrwürdige Dom St. Stephanus. Das Bauwerk wurde zwischen 1236 und 1486 nach dem Vorbild französischer Kathedralen errichtet. In den Fenstern des Domchores leuchten 290 mittelalterliche Glasmalereien. Bei genauer Betrachtung wird die eindrucksvolle Verbindung romanischer und gotischer Elemente deutlich. Romanische Rundbogenfriese neben gotischen Spitzbogenfenstern und weitere Teile beider Baustile machen diese außergewöhnliche Symbiose deutlich. Das Innere des Domes ist stilistisch rein gestaltet. Das wohl bekannteste und bedeutendste Ausstattungsstück ist die spätromanische Triumphkreuzgruppe. Im Dom besichtigen wir einen der kostbarsten Kirchenschätze der Welt. Mehr als 650 Objekte mittelalterlicher Kunst blieben erhalten und zeugen von einstiger Pracht. Alles gut gesichert.
Insgesamt ist die vor 15 Jahren gewidmete „Straße der Romanik“ Teil der Transromanica, zu der Stationen in Deutschland, Frankreich, Italien, Österreich, Portugal, Serbien, der Slowakei und Spanien gehören. Eine Europäische Kulturstrasse. Jedes Jahr findet ein Tag der Romanik statt – 2020 am 23.Mai. Der Romaniktag bietet dem Besucher die Möglichkeit Neues an der Straße der Romanik zu entdecken und besondere Führungsangebote zu erleben (https://www.strassederromanik.de/de/aktuelles-strasse-der-romanik/romaniktag-2020.html ). Und König Heinrich I.? Er befriedete das ostfränkische Reich, vertrieb die Ungarn und begründete eine neue Herrscherdynastie, aus der nach seinem Tod vier Kaiser hervorgehen. Einer davon Otto I. Die Königswitwe Mathilde führt auf dem Quedlinburger Burgberg bis zum Lebensende ein vornehmes Damenstift. Es soll bis in alle Ewigkeit im Gebetsgedenken an Heinrich erinnern und ihm so einen Platz im Jenseits sichern. Heinrichs Herrschaft bildete ein Fundament für das Heilige Römische Reich, das bis ins Jahr 1806 bestehen sollte. gk
Kontakt:
Tourismusverband Sachsen-Anhalt e.V. (LTV), Danzstraße 1, 39104 Magdeburg
Tel.:0391 7384300, E: info@ltvlsa.dehttps://www.strassederromanik.de/info@ltvlsa.de
Fotos: ©gk
Foto: 1 Stiftskirche Quedlinburg
Foto; 2 Krypta
Foto: 3 Museum Münzenberg
Foto: 4 Stiftskirche Gernrode
Foto: 5 Kloster Ballenstaedt
Foto: 6 Kloster Wendhusen
Foto: 7 Liebfrauenkirche Halberstadt
Foto: 8 Dom Halberstadt