Wenig beachtet: Der Darm

Die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten ()DGVS) informierte über den Einfluss von Darmbakterien auf die Gesundheit der Menschen.

Im Darm lebt die umgangssprachlich so genannte Darmflora, von dem Medizinern als Mikrobiom bezeichnet. Darmbakterien siedeln sich kurz nach der Geburt im Darm des Neugeborenen an und vermehren sich in Laufe der Zeit. Bei einem gesunden Erwachsenen sind es durchschnittlich 40 Billionen, insbesondere der Dickdarm ist von 500 bis 1.000 unterschiedlichen Arten an Mikroorganismen dicht besiedelt.

Ob Blähbauch, Durchfall, Verstopfung oder Bauchschmerzen: Wenn es dem Darm nicht gut geht, leidet der gesamte Körper. Krankheiten der Verdauungsorgane sind die häufigsten Erkrankungen in Deutschland: Jährlich werden 2,5 Millionen Menschen mit Krankheiten des Magen-Darm-Traktes, der Leber, der Gallenwege oder der Bauchspeicheldrüse in den Krankenhäusern behandelt.

Eine Prävention durch eine  Helicobactor-pylori-Therapie des Magengeschwürs, die Therapie der Hepatitis C und die Darmkrebsvorsorge durch Darmspiegelung verhindern die Entstehung von Krebs. „Darmkrebs (das kolorektale Karzinom) entwickelt sich typischerweise auf der Basis genetischer Mutationen im Darmepithel, der Zellschicht, die den Darminhalt von der Darmschleimhaut separiert“, erläuterte Professor Zeißig.

Die nicht heilbaren Chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED) wie Morbus Crohn und Colitis ulcerosa nehmen seit einiger Zeit stark zu und beeinflussen die Lebensqualität der Patienten. Geschätzt sind in Deutschland 400.000 Menschen daran erkrankt. „Fest steht, dass auch die intestinale Mikrobiota, also die vielen Milliarden Bakterien, die unseren Darm besiedeln, bei CED eine Rolle spielt“, so Professor Dr. med. Andreas Stallmach, Direktor der Klinik für Innere Medizin am Universitätsklinikum Jena.

 Für die Behandlung von CEDs gibt es eine Vielzahl an entzündungshemmenden Medikamenten, die mitunter starke Nebenwirkungen verursachen. „Chronische Entzündungen, ausgelöst durch Genvarianten und Umweltfaktoren können die Ursache für Krebs sein. Wird die chronische Entzündung verhindert, kann auch die Krebsentstehung vermieden werden“, führte Professor Dr. med. Frank Lammert, Präsident der DGVS und Direktor der Klinik für Innere Medizin am Universitätsklinikum des Saarlandes in Homburg, aus. „Forschungsarbeiten zeigen jedoch, das Umweltfaktoren wie die Ernährung und auch die Mikrobiota einen überraschend zentralen Einfluss auf die Darmkrebsentwicklung haben.  Die zweite überraschende Beobachtung ist, dass nicht nur Darmkrebs durch Darmbakterien beeinflusst wird, sondern auch das therapeutische Ansprechen von Fernmetastasen anderer Tumore“, erklärte Professor Dr. med. Sebastian Zeißig, Leitender Oberarzt der Medizinischen Klinik Universitätsklinikum Dresden.

Die bakterielle Zusammensetzung der Darmflora kann individuell höchst unterschiedlich sein und ist zudem ständig kurzzeitigen Schwankungen unterworfen, etwa durch die Einnahme von Medikamenten, durch bestimmte Nahrungsmittel oder auf Reisen. „Ein typisch westlicher Ernährungsstil mit viel rotem Fleisch, Wurst, Weißbrot, süßen Softdrinks und stark verarbeiteten Lebensmitteln verändert die Bakterienvielfalt unter dieser energiedichten und ballaststoffarmen Ernährung negativ. Ein Kernproblem der sogenannten „Western Style Diät“ ist ihr geringer Gehalt an Ballaststoffen“, betonte Professor Stallmach.

Professor Dr. med. Christian Trautwein, Direktor an der Medizinischen Klinik der Universitätsklinik RWTH Aachen führte aus, „dass die effektive Aufnahme von Nährstoffen in den Körper und deren Verarbeitung eine Grundvoraussetzung für menschliches Leben überhaupt ist.  Die im Darm aufgearbeiteten Nährstoffe gelangen über ein speziell konzipiertes Blutsystem, die Pfortader, in die Leber. Dort erfolgt die weitere Verarbeitung, Speicherung und Abgabe der Nährstoffe in das Blut, um so die anderen Organe kontinuierlich mit Energie zu versorgen. Das bedeutet, die Darm-Leber-Achse stellt das Kraftwerk des Körpers dar“. Der Austausch zwischen Leber und Darm erfolgt über die Gallensäuren, die dann im Darm verarbeitet werden. Die Gallensäuren regulieren nicht nur die Fettverdauung, sondern sie haben auch einen direkten Einfluss auf die Darmflora.

Ein Beitrag für Medieninfo Berlin von Edelgard Richter / Dela Press.

„Ein Überangebot an Nahrung beeinflusst somit unmittelbar die Darm-Leber-Achse. Alkohol und eine ballaststoffarme, hochkalorische Ernährung reduzieren die Vielfalt der Darmflora. Das veränderte Ernährungsverhalten und der geringere Nährstoffbedarf aufgrund weniger körperlicher Arbeit und Bewegung hat einen zusätzlichen Einfluss auf die Überversorgung des Körpers mit Kalorien. Durch die veränderten Ernährungsgewohnheiten in der westlichen Welt reduziert sich die bakterielle Flora des Darm und über die vermehrte Aufnahme von Produkten, die ebenfalls Bakterien enthalten, führt dies zu einer vermehrten Entzündungsreaktion in der Leber, wodurch die Entstehung einer Leberzirrhose und bösartiger Tumore in der Leber begünstigt wird“, so Professor Trautwein.

Wenig beachtet: Der Darm