Berlin-Entdeckungsreise (15) : Der eiserne Kanzler

Der eiserne Kanzler

Bisher gab es in Deutschland nur einen, der so genannt wurde: Otto von Bismarck. Der Beiname wird zurückgeführt auf Bismarcks beharrliches Durchsetzungsvermögen bei der Einigung des Deutschen Reiches. Schliesslich bestand Deutschland bis zur Reichsgründung 1871 aus vielen kleinen Königs-, Herzog- und Fürstentümern, die oft miteinander im Streit lagen.

Otto von Bismarck wurde vor 200 Jahren am 1. April 1815 in Schönhausen geboren, das östlich der Elbe liegt, die zu den 200 längsten Flüssen der Erde gehört. Von 1832 bis 1835 studierte er Rechts- und Staatswissenschaften in Göttingen und Berlin. Unterrichtet wurde er von Christoph Dahlmann, der Geschichte und Staatswissenschaften lehrte, dem Historiker Leopold von Ranke und dem Juristen Friedrich Carl von Savigny. Nach Referendariaten in verschiedenen Verwaltungen Deutschlands übernahm er 1839 nach dem Tod seiner Mutter das Landgut in Pommern und wurde Landwirt. 1847 heiratete er Johanna von Puttkamer mit der er drei Kinder hatte. Im gleichen Jahr wurde er Mitglied Landtages der Provinz Sachsen; zwei Jahre später saß er als einer der ersten Berufspolitiker Preußens im Preußischen Landtag in Berlin. Über das Erfurter Unionsparlament gelangte er 1851 in den damaligen Bundestag.

Obwohl kein ausgebildeter Diplomat, wurde Bismarck 1859 preußischer Gesandter am Hof von St. Petersburg; 1862 Gesandter in Paris. Noch im gleichen Jahr wurde er von König Wilhelm I. zum Ministerpräsidenten und Außenminister Preußens ernannt. Die noch immer ungelöste deutsche Frage der vielen kleinen Staaten beschäftigte Bismarck sowie die Mehrheit der Abgeordneten des Preußischen Landtages, die nicht ohne Gewalt gelöst werden könne, weshalb er von „Blut und Eisen„ zur Lösung sprach. Erst mit dem Fall der Mauer und der deutschen Wiedervereinigung gilt die deutsche Frage gelöst.

Damals kam es 1864 zum Deutsch-Dänischen Krieg um die Herzogtümer Schleswig und Holstein, die in dänischem Besitz waren. Nach dem Sieg Preußens kam Schleswig unter preußische Herrschaft; Holstein wurde von Österreich verwaltet, was 1866 zum Deutsch-Österreichischen Krieg führte, der für Preußen ebenfalls siegreich ausging. Auch der für Preußen siegreiche Deutsch-Französische Krieg 1870/71 ging auf die Initiative Bismarcks zurück und führte schließlich zur Gründung der Deutschen Reiches durch die Kaiser-Proklamation am 18. Januar 1871 im Spiegelsaal von Versailles. Tiefer konnte man den „Feind„ nicht demütigen. Für seine Verdienste um die Einigung des Reichs erhielt Bismarck von Kaiser Wilhelm I. den Sachsenwald in der Nähe von Hamburg als Geschenk, der heute noch im Besitz der Familie ist; gleichzeitig erhielt er den Fürstentitel.

An die drei Kriege erinnert heute noch die 67 m hohe Viktoria-Säule in der Mitte von Berlin, die mit erbeuteten Kanonenrohren aus allen drei Kriegen geschmückt ist.

Bismarck blieb auch nach 1871 Ministerpräsident und Außenminister, nunmehr des Deutschen Reiches. Er setzte sich für die Trennung von Kirche und Staat ein. 1875 wurde die Zivilehe eingeführt, was weder den Beifall der Katholiken noch der Protestanten fand.

Die zunehmende Industrialisierung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhundert führte zu starken Gegensätzen zwischen Unternehmern und Arbeiterschaft, die durch den Erlaß des Sozialistengesetzes noch verschärft wurden. Durch dieses Gesetz wurden sozialistische und sozialdemokratische Organisationen verboten. Erst 1890 wurde das Gesetz abgeschafft.

Um sozialen Unruhen und der Einführung des Sozialismus zu begegnen, führte Bismarck 1883 die Krankenversicherung und 1884 die Unfallversicherung für die Arbeiter ein. Mit der Verwaltung der Gelder wurden Krankenkassen und Berufsgenossenschaften beauftragt. 1889 wurde die Invaliditäts- und Altersversicherung eingeführt, die als gesetzliche Rentenversicherung bis heute besteht. Allerdings konnte damals Altersrente erst ab dem 71. Lebensjahr in Anspruch genommen werden; sie betrug 40 Prozent des letzten Einkommens. Mit der Schaffung dieser Versicherungen wollte Bismarck die arbeitenden Klassen gewinnen, was allerdings nicht gelang. Schließlich schuf er diese Institutionen nicht als Philanthrop, sondern aus politischem Kalkül. Trotzdem blieb diese Tat bis heute im Gedächtnis der Deutschen, denn damit wurden die Grundlagen für den modernen Sozialstaat geschaffen.

Meinungsverschiedenheiten zwischen ihm und dem seit zwei Jahren im Amt befindlichen Kaiser Wilhelm II. führten im März 1890 zum Entlassungsgesuch Bismarcks; anläßlich seines Rücktritts wurde er zum Generalfeldmarschall ernannt. Mittelpunkt seines Privatlebens wurde Schloß Friedrichsruh im Sachsenwald. Bismarck starb am 30. Juli 1898 und wurde neben seiner Frau im Mausoleum Friedrichsruh beigesetzt. Nach seinem Tod entstanden mit dem Bismarck-Kult in ganz Deutschland sehr viele Denkmäler. Das größte wurde 1906 in Hamburg errichtet, wo es heute noch besichtigt werden kann.

Anläßlich des 200. Geburtstages von Bismarck finden in Deutschland viele Ausstellungen und Veranstaltungen statt. Mit einem Festakt im Deutschen Historischen Museum Unter den Linden in Berlin, dem ehemaligen Zeughaus, wurde am 1. April 2015 des 200. Geburtstages des deutschen Reichskanzlers gedacht.

Ein Beitrag für MEDIENINFO-BERLIN von Günter Meißner
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