Deutschland muß wettbewerbsfähig bleiben
Die deutsche Wirtschaft brummt und die Arbeitslosenquote ist niedrig wie nie. Aber was ist in zehn, zwanzig, dreißig Jahren? Der Technologieverband VDE fragte einen ausgewählten Kreis an Managern, Forschungschefs und Hochschulprofessoren, wie es um die Innovationskraft Deutschlands zukünftig bestellt ist. Ihr Blick in die Glaskugel ist Weckruf zugleich:
Die Mehrheit der Befragten sieht „Künstliche Intelligenz“ (KI) und ihre Anwendungen als eines der technischen Top-Zukunftsthemen. Weit abgeschlagen folgt auf Platz 2 erst die Automation/Robotik, das Gebiet, auf dem Deutschland traditionell führend ist. So hoch für die Experten das Potenzial von KI ist, so niedrig schätzen sie den Entwicklungsstand bei der Erforschung von KI in Deutschland und Europa ein: Nur 3 Prozent sehen hier Deutschland als „Vorreiter“. Spitzenreiter in KI sind dagegen die USA (59 Prozent), China (39 Prozent) und Israel (31 Prozent), gefolgt von Japan und Süd-Korea mit jeweils 17 Prozent. Sie alle hängen Europa um Längen ab. „Die USA und China haben einen quantitativen Vorteil: Sie verfügen im Gegensatz zu uns über einen nicht bezifferbaren Schatz an Datensätzen. Selbst wenn wir in Deutschland diese Daten hätten, wir dürften sie nicht verwenden. Es ist ein Kampf gegen Windmühlen, Innovation voranzutreiben, ohne gleichzeitig die starren Leitplanken des Datenschutzes zu verletzen“, ärgert sich Ansgar Hinz, CEO des VDE. „Ohne leichtfertig agieren zu wollen, wir stehen uns in Deutschland selber im Weg und gefährden durch überzogene Regelungen langfristig unsere Wettbewerbsfähigkeit“, sagte der VDE-Chef.
Auch wenn 41 Prozent der Befragten Deutschland als „gut aufgestellt“ sehen, eine tonangebende Rolle traut die Mehrheit unserer Forschung und Wirtschaft derzeit nicht zu. „Gut aufgestellt“ sind dagegen Japan (57 Prozent), Süd-Korea (52 Prozent), China (49 Prozent) und Israel (47 Prozent). „Das Ergebnis überrascht nicht. Auf die Frage, ob es in Deutschland bzw. Europa genügend finanzielle Mittel für die Umsetzung revolutionärer Technologien gibt, antworteten nur 4 Prozent mit „ja“.
Es ist kein Geheimnis, dass die USA und China dagegen die Erforschung von KI massiv mit hohen Summen fördern. In Deutschland wird stattdessen lange diskutiert, was wie hoch gefördert wird. Die Politik muss endlich aufwachen und die Weichen dafür stellen, dass Unternehmen schnell und unbürokratisch gefördert werden. Gerade Start-Ups, die revolutionäre Technologien auf den Markt bringen wollen, fehlt es oftmals an Venture Capital. Wir müssen Investitionsbarrieren abbauen und attraktiver für Investoren werden. Wir müssen sie dazu bringen, ihr Geld hierzulande gut zu investieren und nicht nur im Silicon Valley. So können wir vielleicht auch die Gründer von Start-Ups, die ausgewandert sind, zurückgewinnen. Nicht diskutieren, machen!“, forderte Ansgar Hinz.
Um Deutschland fit für die Zukunft zu machen und die Digitalisierung zu beschleunigen, empfiehlt der VDE ein Bündel an Maßnahmen. „Unsere Chance liegt im B2B-Bereich, allen voran bei Industrie 4.0, IT-Security und Datenschutz. Der internationale Markt hat besonderes Vertrauen in Sicherheitsprodukte aus Deutschland. Hier kommen uns unsere strengen Datenschutzrichtlinien einmal zugute“, erläuterte Hinz. Eine Schlüsselrolle hierbei spielt die Mikroelektronik. „Die überwiegende Mehrheit der VDE-Mitgliedsunternehmen fordern, dass die Mikroelektronik als Schlüsseltechnologie in Deutschland und Europa gestärkt werden muss. Mikroelektronik ist immer und überall. Wenn wir Chipdesign und Chipproduktion aus der Hand geben, geben wir letztlich auch neue Anwendungen und Geschäftsmodelle aus der Hand. Auch wenn Asien und die USA führend bleiben mögen, eine wettbewerbsfähige Chip-Industrie in Europa ist unabdingbar. Ansonsten bleibt Europa Importeur von Schlüsseltechnologien. Der Export, und vor allem das Geschäftsmodell Deutschland, kollabiert und damit unsere gesamte Innovationskraft, die uns derzeit so stark macht und für ein Jobwunder sorgt“, warnt Ansgar Hinz weiter. Bei der Mikroelektronik gehe es ums Ganze. In Währung ausgedrückt: Es geht nicht um Millionen, sondern um Milliarden und Billionen.
Für die VDE-Studie „E-Ing 2025: Technologien, Arbeitsmarkt, Ingenieurberuf“ befragte der Technologieverband 77 Experten, Manager, Forschungschefs und Hochschulprofessoren im VDE. Der Technologieverband stellt die komplette Studie am Montag, 12. November 2018, im Vorfeld des VDE Tec Summits am 13. und 14. November, in Berlin vor. Die Studie enthält Arbeitsmarktdaten, Hochrechnungen zum Ingenieurbedarf und eine Befragung unter Young Professionals im VDE. Sie wurde anlässlich des 125-jährigen Jubiläums des VDE zusammen mit dem Institut für Wirtschaft in Köln erstellt.
Ein Beitrag für Medieninfo Berlin von Edelgard Richter / Dela Press.