„Fake News“ hat Tradition

Ausstellung zur Geschichte von Lügen und Manipulation

Im Deutschen Zeitungsmuseum in Wadgassen (Saarland) widmet sich eine Ausstellung der Geschichte der Falschinformation im medialen Nachrichtenwesen. Die Schau titelt unter dem Namen „Making News – Breaking News – Faking News. Von Gutenberg zu Trump“ und führt durch rund 600 Jahre Mediengeschichte. Die LÜGE baumelt dort von der Decke als Sprechblasen auf Karton gedruckt. Die Lüge hat bekanntlich viele Gesichter: Die freche, die raffinierte, die schmutzige, die schamlose und die niederträchtige.

Die Ausstellung startet mit Johannes Gutenberg und dem Buchdruck und zeigt, wie Falschinformationen, Manipulationen und Lügen schon immer unter die Leute gebracht wurden. Darunter wird auch auf das erste „Betrugs-Lexikon“ von 1721 verwiesen. Das Wort „Fake News“ taucht erstmalig in einer Karikatur des Satiremagazins „Puck“ von 1894 auf.

Lassen wir die Historie mal beiseite und wenden uns diesem Jahrhundert zu. Der Essayist Prof. Ivan Nagel brachte im Berliner Taschenbuchverlag auf dem Höhepunkt der US-Aggression gegen Irak eine Publikation unter dem Titel „Das Falschwörterbuch – Krieg und Lüge am Jahrhundertbeginn“ heraus. Fazit des inzwischen verstorbenen Autors: „Dem Teppichbombardement eines fremden Volkes mit Raketen geht jedes Mal das Teppichbombardement mit Lügen voraus.“ Ich war 2004 als Journalist auf der Pressekonferenz der Friedrich-Ebert-Stiftung, auf der damals Sätze fielen wie: „Die Öffentlichkeit wird regelrecht mit Falschwörtern umstellt“ und „ Falschwörter führen letztlich zu Falschbildern“. Das Podiumsgespräch gipfelte in der Gretchenfrage: „Wieviel Desinformation verträgt eigentlich eine Demokratie ?“

Wissenschaftler aus dem englischsprachigen Sprachraum haben dafür den Begriff „verbal warfare“ ( Kriegführung mit Worten, semantische Kriegführung) eingeführt. Zwei Jahre später, am 6. März 2006, erschien im Springerblatt „Die Welt“ unter der Überschrift „Warum Nachrichten Waffen sind“ ein Artikel, in der damalige US- Kriegsminister Donald Rumsfeld mit den Worten zitiert wurde: „Wir führen heute den ersten Krieg im Zeitalter von E-Mail, Blogs, Internet, Mobiltelefonen und Digitalkameras rund um die Uhr…“.

Winston Churchill hatte bereits im Zweiten Weltkrieg gesagt, ein Land im Krieg müsse sich mit einer Leibgarde von Lügen umgeben“. Der Begriff „pychological war“ hat inzwischen weitere Untersetzungen gefunden. Sie sei die „vierte Dimension“ des Krieges – neben den drei bekannten Fronten zu Lande, zu Wasser und in der Luft. Der heutigen Ausstellung in saarländischen Wadgassen ist zuzustimmen, wenn kommentiert wurde, wir hätten allen Grund, das Verhältnis von Staat, Medien und Öffentlichkeit immer wieder neu zu hinterfragen. Sie ruft zu recht in Erinnerung, dass Einflussnahme über die
Medien gerade in Vorzeiten eines Krieges beliebte Praxis von Herrschenden war und immer wieder sein wird. Ich setze dennoch auf die Hoffnung, die der frühere US-Präsident Abraham Lincoln bereits am 8.September 1858 in die
Worte kleidete: „Man kann die Menschen eine Zeitlang hinters Licht fuhren und manche Menschen auch die ganze Zeit. Aber man kann nicht alle Menschen die ganze Zeit hinters Licht führen“ Sorgen wir dafür, dass das so bleibt!      

   Dr. Dieter Langer