Kunst als Inspiration fürs Management

Was können Unternehmer und Manager voneinander lernen

Professor Dr. Stephan Frucht, gelernter Musiker und Dirigent und heute Mitglied des Beirates einer Unternehmensberatung, hat kürzlich in einem bedeutenden Wirtschaftsmagazin seine Ansichten zu den zwei Welten Kunst und Wirtschaft, die auf den ersten Blick nicht unterschiedlicher sein können, kund getan. Wer aber genauer hinschaut, der erkennt die wechselseitigen positiven Einflüsse, über die weiter nachzudenken es sich lohnt.

Der Autor unternimmt den Versuch, die Kerngedanken des Wissenschaftlers zusammenzufassen und zu ergänzen. Nach Fruchts Ansicht weisen Spitzenkünstler und Spitzen-Unternehmer in ihren Charaktereigenschaften „enorme Parallelen“ auf und zwar durch einen „großen Pragmatismus“, ein „hohes Durchsetzungsvermögen“ und eine „große Offenheit für Neues“. Ais Beispiel verweist er auf Herbert von Karajan, den langjährigen Chef der Berliner Philharmoniker, den er exzellente Management-Fähigkeiten zuschreibt, so dass er jedes mittelständige Unternehmen hätte führen könnte. Als Stichwort verweist er dabei auf das „Dauerthema Führung“. Dieses Prinzip, eigene Führungstechniken zu entwickeln, spiele sowohl in der Wirtschaft als auch in derKunst eine tragende Rolle. Die eigentliche Arbeit beginne eigentlich erst, wenn man „über das Technische erhaben“ sei. Das Besondere gelinge meist nur den „Besten der Besten“.

Nach Frucht müsse mindestens zwischen drei verschiedenen Führungsstilen unterschieden werden: vorgabe-orientiert, ziel-orientiert und innovations-orientiert. Im Verhältnis zur Kunst brauche es in der „komplexen Weit der Wirtschaft“ oft deutlich länger bis eineVeränderung spürbar werde. Grunderkenntnis bleibe aber: den richtigen Führungsstil im Sinne einer universellen Regel könne es wohl nicht geben. Deshalb müssten die drei verschiedenen Führungsstile immer in ihrer Komplexität betrachtet werden. Und zwar in dem Sinne: Der richtige Führungsstil zur richtigen Zeit im richtigen Kontext. Oder anders ausgedrückt. Es sei immer richtig, die Dinge aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten. Dafür stehe vor allem die Kunst, weil sie sich immer wieder als „die Quelle für Innovation“ erweist Mit vielen kleinen Punkten ein vollständiges Bild erschaffen, im realen wie im übertragenen Sinne, das gilt gleichermaßen für Wirtschaft wie Kunst.

Hier beginnen die Ergänzungsüberlegungen zu Fruchts Ansichten. Unter der Überschrift „Denkanstoß“ fiel mir kürzlich zufällig ein Zitat zum Thema in die Hände, wonach das Geheimnis der Kunst darin liege, sie nicht zu suchen, sondern vielmehr zu finden. Künstler, die sich einem neuen Abbild des Menschen in den verschiedenen Künsten zuwenden, wie es beispielsweise der Bildhauer Gustav Seitz tat, als er durch seine Hinwendung zur figürlichen Plastik neue Perspektiven entwickelte, boten dadurch dem Beschauer ihrer Kunst auch gleichzeitig eine ganz andere Art der Betrachtung. Im ihm gewidmeten Museum in Trebnitz (Märkisch-Oderland) werden gegenwärtig Arbeiten von Künstlern, die mit dem Gustav-Seitz-Preis seiner Stiftung ausgezeichnet wurden. Darunter befinden sich u.a. Arbeiten des Bildhauers Robert Metzkes, der besonders für seine Terracotta-Arbeiten 2011 geehrt wurde, mit denen er einen ganz persönlichen und überaus erfolgreichen Weg beschritten hat. Der italienische Diplomat Ferdinando Garliani (1728 -1787) hatte schon vor fast 300 Jahren einen Maßstab, den anzulegen auch heute noch gültig sein könnte: „Dinge haben Immer nur den Wert, den man ihnen gibt.“ Auch in der heutigen Zelt besitzt jeder Mensch bekanntlich eine ganz persönliche Wertschätzung von Kunst und Kultur.

Es geht also bei der Inanspruchnahme der Inspiration als Ideengut sowohl der Kunst als auch der Wirtschaft immer auch darum, neue Wege zu erschließen. Das Zusammenspiel alter Werte und neuer Ideen kann durchaus zu einen brauchbaren gedanklichen Konstrukt der Jetztzeit zusammenwachsen.

Der Naturbezug gewinnt gegenwärtig eine immer größer werdenden Stellenwert, weil wir als Menschen aus ihr hervorgegangen sind. Gerade in Krisenzeiten wie der Corona-Pandemie sind von dort letztlich viele Ansätze für die notwendige Inspiration der Nach-Coronazeit zu holen und zwar für alle Bereiche des Lebens. Nicht nur für unser Thema Kunst und Wirtschaft. In gerade diesem Sinne hat Stefan Furcht ein Tor aufgestoßen für ein neues Nachdenken über Dinge, die unser Leben lebenswerter machen können. Die Zukunft beginnt jetzt und nicht erst morgen.  Dr.Dieter Langer