Unvergessene Dresdener Erinnerungen
Es gibt Dinge im Leben, die an soviel Zufälle gebunden sind, das man glaubt, es sei eigentlich nur ein Traum gewesen. Oder so: Erinnerungen können zerbrechlich sein und mit dem richtigen Leben gar nicht zu tun haben.
Im Zusammenhang mit meinen (ausgegrabenen) Dresdner Erinnerungen (1953 bis 1958) bin ich kürzlich auf ein hochinteressantes Buch von Christine von Brühl („Schwäne in Weiß und Gold“. Aufbau Verlag, 350 S.) gestoßen.
Sie vermuten richtig, es geht im erwähnten Buch um eine Familiengeschichte über neun Generationen um die Brühls, nach denen die berühmten Brühlschen Terrassen benannt sind. Christine von Brühl ist die Nachfahrin von Heinrich von Brühl (1700 bis 1763), der 1 .Minister Sachsens unter August III war und von Friedrich II. so verleumdet wurde, dass ihm bis heute der Ruf des Verschwenders anhaftet. Zu Unrecht – Üble Nachrede, wie die Forschung nachwies.
Christine von Brühl begann ihre journalistische Karriere als Volontärin bei der „Sächsischen Zeitung“ und wurde zu Beginn ihrer Tätigkeit zur Reportage in die Porzellansammlung geschickt. Das war 1991.
Auch ich habe bei der „Sächsischen Zeitung“ (SZ) als Volontär gearbeitet, Allerdings 1953. Nur meine journalistische Laufbahn begann für heutige Verhältnisse abenteuerlich. 1950 wurde ich, noch achtzehnjährig, bei der Volkspolizei zum VP-Kommissar ernannt. 1953 von einem Hochschullehrgang zurückgekehrt, wurde mir mitgeteilt, dass ich von nun an verantwortlicher Redakteur (also „kleiner Chefredakteur“) der Divisionszeitung der 7. mechanisierten Division der Kasernierten Volkspolizei (KVP) sei. „Vorbildung“: FDJ-Wandzeitungsredakteur ( seit 1946 Mitglied der Freien Deutschen Jugend. Genau wie Angela Merkel). Da ich keinerlei redaktionelle Vorbildung hatte, sagte man mir: „Du gehst vormittags als Volontär zur SZ und nachmittags machst Du dann Deine eigene Zeitung.“ Basta Auch ich wurde damals zur Reportage geschickt. Allerdings ins Dresdner Fundbüro.
Aber zurück zum o.g. Brühlschen Familienbuch. Als 2015 eine Million Geflüchtete aus Syrien in Deutschland ankommt, ist Christine von Brühl genauso aufgewühlt wie ich, denn ihre als auch die Familie meiner Frau wurden aus Schlesien „vertrieben“ (also umgesiedelt). Beide Familien mussten erleben, das das Gefühl des Heimatverlustes immer das sein wird – allerdings ohne Rachegefühle. Sind es nicht gerade diese Episoden wie eben auch die Wege zur inneren Einheit Deutschlands, die uns heute zu Coronazeiten helfen. Denkreisen zu unternehmen ins Morgen, denn die Zukunft beginnt heute, wo es darum geht den Kampf gegen das Virus erfolgreich zu bestehen. Übrigens: Ich habe seinerzeit im damals noch stark zerstörten Dresden gelebt – und habe mit Kind und Kegel Samstagsnachmittag NAW (Nationales Aufbauwerk) geschrubbt- und war glücklich, weil ich den Krieg „überlebt“ hatte.
Dr. Dieter Langer