„MittsommerRemise 2019“
Die Nacht der nordischen Guts- und Herrenhäuser
Unsere zwei Routen führten am Samstag mehr in östliche Richtung und am Sonntag gen Westen, die Region Mecklenburger Seenplatte. Erstes Ziel: Schloß Hohenzieritz. Die stilvoll ausgestaltete Sommerresidenz der Strelitzer Herzöge wäre wohl nie zu größerer Bekanntheit gelangt, wenn nicht am 19. Juli 1810 Königin Luise von Preußen im Alter von nur 34 Jahren im Schloss ihres Vaters unerwartet gestorben wäre. Heute ist das Anwesen Sitz des Nationalparkamtes Müritz. Sehenswert auch die Kavaliershäuser, die Schlosskirche und der Luisentempel. Herausragend aber der Schloßpark, angelegt 1771 als Englischer Garten. Einer der frühesten und schönsten Landschaftsparks auf dem Kontinent (www.m-v.schloesser.de).
Weiter führt uns die Sommerroute nach Schloß Ivenack. Es geht zurück auf ein ehemaliges Zisterzienserinnenkloster aus dem 13. Jahrhundert. Auf den Mauern des Klosters entstand Ende des 16. Jahrhunderts ein Renaissance Schloss des Herzogs Sigismund August zu Mecklenburg. Ivenack gehörte wegen seines Parks mit den 1000-jährigen Eichen und der berühmten Vollblutzucht der Grafen Plessen auf Ivenack zu den bekanntesten Gütern Mecklenburgs. Derzeit ist die Sanierung des Hauses im vollen Gange. Dazu gehört im Projekt auch die Orangerie. In früherer Pracht zu bewundern, die alte Kirche.
Schließlich Schloß Kummerow. Die barocke Schlossanlage mit ihrem Lenée´schen Landschaftsgarten beherbergt seit 2016 eine der führenden öffentlich zugänglichen Privatsammlungen Deutschlands. Die auf zeitgenössische Fotografie fokussierte Sammlung wird im ehemaligen Wohnhaus, im sogenannten Corps de Logis, ausgestellt. Schlossherrin Aileen Kunert führt uns als Expertin durch die aktuelle Ausstellung. Bemerkenswert für das Anwesen: Es ist ein für alle zugängliches Areal mit dem Badestrand am Kummerower See.
Als Endpunkt des ersten Tages erreichen wir das Gut Wolkwitz in Borrentin. Der uralte Adelssitz liegt in der reizvollen Landschaft östlich des Kummerower Sees. Das inzwischen sanierte Gutshaus, ein zweigeschossiger Putzbau in klassizistischer Architektur, entstand in seiner heutigen Form Anfang des 19. Jahrhunderts. Nach 1990 – nun im Besitz der Treuhandgesellschaft – steht das Gutshaus seit vielen Jahren leer. Vor dem Gutshaus deutet eine weite leere Fläche auf den ehemaligen großen Wirtschaftshof hin. Hinter dem Gutshaus liegt ein verwilderter Park, in dem herrliche Kastanien eine Allee bilden…
Auf nach Lexow am Sonntag, Tag 2 Das Gutshaus Lexow liegt inmitten der Mecklenburger Seenplatte. Seit vielen Jahrhunderten gehörten Gut und Dorf zum Kloster Dobbertin. Sorgsam saniert, finden sich heute in dem Haus B&B-Zimmer, Appartements sowie ein Café&Restaurant; regelmäßig wird zu Veranstaltungen eingeladen. Gutsherrin Bettina Buschow meint: „Wir haben hier ein Paradies. Selbst der liebe Gott hat hier schon Urlaub gemacht…“ (www.gutshaus-lexow.de).
Nächste Station, gleich 6 km geradeaus, ist der Gutshof Woldzegarten. Dieser nennt sich selber das kleine Paradies an der Müritz. Das auferstandene Kleinod wartet mit komfortablen Zimmern und Appartements und familienfreundlichem Service auf. Im Hotelrestaurant werden feine, regionale Speisen serviert, der Wellnessbereich bietet Sauna und Schwimmbad und in der Kulturscheune finden regelmäßig Konzerte und Events statt. Der 200 Jahre alte Gutshof wurde denkmalsgerecht und zum Teil biobiologisch saniert. Ruhe und Besinnung finden wir in der Gutsherrenstube mit kleiner Bibliothek sowie im 400 Jahre alten Gewölbe am prasselnden Kaminfeuer.
Bis zum Gutshaus Ludorf sind es auf dieser Route auch nur knappe 25 Minuten. Das Herrenhaus zählt zu den ältesten und schönsten in Mecklenburg. Im Jahre 1698 im Stile der dänischen Klinkerrenaissance erbaut, zieren noch heute interessante Deckengemälde aus der Erbauerzeit das historische Interieur des Hauses. Ein englischer Landschaftspark reicht bis zur Müritz. Das Ludorfer Gutshaus ist seit 1998 im Besitz der Familie Achtenhagen, die es nach behutsamer Sanierung als „Romantik Hotel Gutshaus Ludorf“ führt. Der alte Seefahrer Manfred Achtenhagen hat sich mit diesem Anwesen einen Lebenstraum erfüllt und schwört auf sein Restaurant „Morizaner“, das der mehrfach ausgezeichnete Sternekoch Peter Niemann leitet. Der Gutsherr selbst sieht die Zukunftschancen für die Schlösser und Gutshäuser in M-V im touristischen Bereich unter zwei Voraussetzungen: Erstens eine gewisse Hofgröße sichern und zweitens als Familienbetrieb gestalten. Zurzeit eroiert der für die ostelbische Historie brennende Achtenhagen mögliche Remiseevents in den baltischen Republiken.
Unser nächstes Ziel, Schloss Retzow, das zwischen Müritz-Nationalpark und der MecklenburgischenKleinseenplatte liegt. Das imposante klassizistische Gebäude glänzt mit seinem kirschblütenweissen Anstrich. Im 7 ha großen Park dominieren uralte hohe Bäume. Der Festsaal des vom dänischen Industriellen Lars Fogh ab 2012 sanierten Gebäudes bietet Platz für 100 Personen. Überhaupt herrscht inseitig eine gewisse Großzügigkeit mit edlem Mobilar. Für Gäste und Urlauber stehen 13 thematisierte Appartements bereit, ein angenehmer Luxus inclusive.
Abschluss und einer der Reisehöhepunkte sollte der Besuch auf der Halbinsel Mirow werden. Hier steht das Schloss Mirow unweit des Mirower Sees. Die Geschichte des Ortes geht zurück bis ins Jahr 1227. Wie in einem vergessenen Schatzkästchen verstecken sich hier Erinnerungen an skurrile Herzöge, mächtige Witwen und an Prinzessinnen, die zu Königinnen wurden. Die jüngste von ihnen, Prinzessin Charlotte, verbrachte am 17. August 1761 ihre letzte Nacht im kleinen Mirow. Am nächsten Tag verließ sie die Heimat für immer und brach auf, um Königin von Großbritannien zu werden. Schloss Mirow überrascht rein optisch mit seinen prachtvollen Raumausstattungen. Heute präsentiert die Schlossinsel Mirow ihr kulturelles Erbe mit vielfältigen Angeboten. Für Unterkunft und leibliches Wohl sorgt die „Alte Schlossbrauerei“ mit dem dazugehörenden „Ritterkeller“, der als ehemaliger Eiskeller einer der größten Gewölbeanlagen seiner Art in Mecklenburg ist. Entdeckungen ohne Ende garantiert.glänzt mit seiglänzt mit seinem Mecklenburgs Wirtschaftsminister Harry Glawe urteilt, dass sich die MittsommerRemise zwischenzeitlich als touristische Veranstaltung – jetzt auch international – etabliert hat. Ausdruck dafür war in diesem Jahr die Polnische Remise vorweg und eine Dänische Remise im Anschluss. Damit öffnen im Rahmen eines Interreg-Projektes Kulturschätze auch außerhalb Mecklenburg-Vorpommerns ihre Türen und machen sie der Öffentlichkeit zugänglich. In diesem Jahr feierten 17 Häuser ihr „MittsommerRemise“-Debut, darunter das Schlossgut Groß Schwansee an der Mecklenburgischen Ostseeküste, das Gutshaus Wolkwitz in der Mecklenburgischen Seenplatte und das Schloss Griebenow im Landkreis Vorpommern-Rügen.
Mit von der Partie war auch das Wasserschloss Quilow in Vorpommern. Das 1575 erbaute Renaissance-Gebäude am Naturpark Flusslandschaft Peenetal soll ab Frühjahr 2020 vor allem kulturinteressierte Gäste in die Region locken. Wer diesmal nicht auf eigene Faust von Gutshaus zu Gutshaus reisen wollte, nutzte die Shuttle-Verkehre, die unter www.mittsommer-remise.de ausgewiesen waren. Im nächsten Jahr heißt der Treffpunkt zur kürzesten Nacht des Jahres vom 20.-21. Juni 2020 wieder Mecklenburg-Vorpommern. Dann wird sich die Erkenntnis für die herrenlosen Gutshäuser noch mehr durchgesetzt haben: „Erhalten und nutzen ist besser als so stehen lassen. Und leer stehen lassen und schützen ist besser als verfallen oder abreissen lassen. Am Besten aber ist es, auch die restlichen Gutshäuser behutsam wiederherstellen und mit Leben erfüllen…“ gk
Kontakt:
Dr. Robert Uhde,Sphinx ET, Große Goldstraße 7, 18055 Rostock
Telefon: 0381. 128 93 92, Mobil: 0179. 116 58 91, Mail: robert.uhde@sphinxet.de
Foto: (©Erika Hintze)